Glyphosat-Entscheid: Das sagt Florian Pronold im AZ-Interview

Umwelt-Staatssekretär Florian Pronold (SPD) im AZ-Interview über den Alleingang von Agrarminister Christian Schmidt, das Verhalten der CSU – und die Folgen für die GroKo.
von  Natalie Kettinger
Florian Pronold ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Florian Pronold ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. © dpa

München - Florian Pronold (44), der frühere Chef der Bayern-SPD, ist seit 2002 Bundestagsmitglied und seit 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium.

AZ: Herr Pronold, wie ist die Stimmung im Umweltministerium an Tag 2 nach dem Glyphosat-Eklat?
Florian Pronold: Bescheiden bis ärgerlich, weil es eine solche Verletzung der geregelten Zusammenarbeit noch nie gegeben hat. Wir hatten immer schon schwierige Auseinandersetzungen mit dem Landwirtschaftsministerium. Aber so einen schamlosen Betrug hat es noch nie gegeben.

CSU-General Andreas Scheuer behauptet, bei den Jamaika-Verhandlungen sei eine dreijährige Verlängerung der Glyphosat-Zulassung besprochen worden und Frau Hendricks sei eingebunden gewesen.
Herr Scheuer sagt wieder einmal die Unwahrheit. Die Bundesumweltministerin war nicht in die Jamaika-Verhandlungen eingebunden. Überraschend fand ich auch, dass die Grünen bei Glyphosat solche Zugeständnisse machen wollten.

Christian Schmidt hat nun vorgeschlagen, gemeinsam mit der Umweltministerin nach einer Lösung suchen. Wie groß ist deren Gesprächsbereitschaft?
Man kann nicht erst das Kind in den Brunnen werfen und ertränken, und dann sagen: Jetzt schauen wir mal, ob wir es gemeinsam retten können. Das ist doch widersinnig! Die SPD wird jetzt darauf drängen, Glyphosat national im Alleingang zu verbieten. Das wäre die einzige Möglichkeit einer Teilrettung – schwierig, aber es kann gelingen.

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Frau Hendricks hat eine Entlassung des Agrarministers als "vertrauensbildende Maßnahme" seitens der Union ins Spiel gebracht, andere verlangen offen seinen Rauswurf.
Meine Ministerin hat deutlich gemacht, dass es kein Weiter-so geben darf. Genau das ist der Punkt. Die Kanzlerin muss Konsequenzen ziehen. Es langt doch nicht, dass sie einfach eine Rüge ausspricht und das war’s. Und was noch viel schlimmer für die Kanzlerin ist: Es scheint eine lang geplanter Verstoß gewesen zu sein; in den laut Medienberichten Horst Seehofer eingeweiht war. Die Bundeskanzlerin wurde von der
CSU wieder mal hinters Licht geführt. Ein dramatischer Autoritätsverlust von Merkel.

Es gibt Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss. Wie sehen Sie das?
Ein Untersuchungsausschuss ist dann notwendig, wenn man Dinge aufklären muss. Aber hier liegen alle Fakten auf dem Tisch. Das war ein lang vorbereiteter Alleingang, ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung, ein nie dagewesener Fall. Und hinzu kommt: Wenn es stimmt, dass Seehofer vorher davon wusste und die Kanzlerin nicht, hat die CSU nicht nur Gift in Richtung einer Großen Koalition ausgestreut. Das ist zudem ein deutlicher Fußtritt in Richtung der Kanzlerin. Unvorstellbar, was da abgelaufen ist!

Das heißt: Die Chancen auf eine erneute GroKo sind gesunken – oder wird sich die SPD einfach teurer verkaufen?
Ich bin sowieso kein Fan davon, dass die SPD noch mal in eine Große Koalition geht – auch wenn das viele unserer Wählerinnen und Wähler erwarten. Aber: Für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die es ja bis vor einem halben Jahr in der Großen Koalition gegeben hat, ist damit der Boden weitestgehend entzogen. Die Jamaika-Sondierer haben nur Schlechtes über den anderen erzählt und das permanent öffentlich. So kann man nicht regieren! So würde sich eine SPD niemals verhalten. Doch der Landwirtschaftsminister macht sich lieber zum Chef-Lobbyisten von Monsanto und torpediert damit die Aussicht auf eine stabile Regierung.

Haben Sie einen Lösungsvorschlag für dieses Schlamassel?
Egal, in welcher Form die SPD dazu beträgt, dass es eine stabile Regierung gibt: Es muss deutliche Veränderungen in puncto Düngung gebe. Wir müssen viel stärker, als das bislang mit dem Landwirtschaftsministerium möglich war, den Schutz von Trinkwasser und Verbrauchern zur obersten Maxime machen.

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