Glamour-Prinzessin im fränkischen Exil

Das Stadtmuseum Erlangen sucht „Glanz und Elend der Markgrafenzeit“.
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Erlanger Fabrikat: Museumsleiter Thomas Engelhardt vor einem Gobbelin, der zeigt, wie sich die höfische Kultur auch auf die Manufakturen der Stadt auswirkten.
Berny Meyer Erlanger Fabrikat: Museumsleiter Thomas Engelhardt vor einem Gobbelin, der zeigt, wie sich die höfische Kultur auch auf die Manufakturen der Stadt auswirkten.

NÜRNBERG - Das Stadtmuseum Erlangen sucht „Glanz und Elend der Markgrafenzeit“.

Es ist eben doch nicht alles Wilhelmine in Erlangen: Obwohl ihr diesjähriger 300. Geburtstag Anlass ist für die Ausstellung „Erlangen im Barock“, zeigt das Stadtmuseum neben dem Glanz von Reifrock und Allonge-Perücke auch das Elend der Markgrafenzeit. So hängt zum Beispiel das prachtvolle Porträt des Ritterhauptmanns Carl Maximilian von Egloffstein einem Bild gegenüber, das den „Andrang der Hungrigen im Jahr der Teuerung 1771“ zeigt: Da werden aus der Bäckerei Jean Pierre Puy die Brote aus dem Fenster gereicht, um Plünderungen zu verhindern. Während der Hungersnot 1770-72 starben etwa 500 Menschen. Ironie der Geschichte: Das Egloffsteinsche Palais wurde später ein Armenhaus.

Zu einer Adelsstadt hat sich Erlangen ohnehin erst allmählich entwickelt und ist es später nicht lange geblieben. Mit der Neustadt-Gründung als Hugenotten-Siedlung 1686 beginnt die Ausstellung, zeigt den vorindustriellen Aufstieg sowie den Wandel zur Bayreuther Nebenresidenz (mit allem höfischen Pomp der Zeit) und skizziert den Niedergang bis zum Fall des Markgrafentums an Preußen 1792. Stiche, Gemälde und Reproduktionen an Stellwänden, Dokumente in Vitrinen — eine sinnlich einladende Ausstellungsarchitektur sieht anders aus.

An Wilhelmine kommt natürlich auch diese Schau nicht vorbei. Obwohl von ihren Gast-Aufenthalten nur das umgestaltete Opernhaus überliefert und selbst ihre Rolle bei der Uni-Gründung umstritten ist, bleibt die Glamour-Prinzessin und Frankens direkteste Verbindung zur barocken Hochadelswelt Europas der heimliche Höhepunkt der Ausstellung. Porträts (zumal eines in Pilgertracht, Zeichen ihres Franken-Exils) sorgen für den Glanz, Briefzitate fürs Gefühl: Die Zeilen, die der Preußenkönig Friedrich der Große nach dem Tod seiner Lieblingsschwester an den Schwager schrieb, verraten echte Erschütterung.Georg Kasch

Stadtmuseum Erlangen (Martin-Luther-Platz 9): bis 2. August, Di/Mi 9-17 Uhr, Do 9-13/17-20 Uhr, Fr 9-13 Uhr, Sa/So 11-17 Uhr

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