Gibt’s bald nur noch Raucher-Klubs?
Ordnungsamt und Gastronomen erwarten einen sprunghaften Anstieg. Zur angemessenen Kontrolle fehlt der Stadt aber das Personal.
NÜRNBERG Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts herrscht auch im Freistaat endlich Klarheit in Sachen Rauchverbot. Oder?
Mindestens ein Fünftel aller Nürnberger Gaststätten sind schon jetzt Raucher-Klubs
Sicher ist in jedem Fall, dass die bayerische Gesetzgebung – die strengste Deutschlands – Bestand hat: Das Rauchen bleibt in Kneipen und Gaststätten verboten. Aber nur, solange sie als „öffentlich“ gelten. Denn jeder Wirt kann – auch das bestätigten die Karlsruher Richter – sein Etablissement in einen Privat-Klub umfunktionieren – und da darf dann geraucht werden, bis das Bierglas im Qualm versinkt.
Schon vor einem Vierteljahr zählte Michael Schaffert vom Ordnungsamt 235 registrierte Raucher-Klubs in Nürnberg – fast 20 Prozent aller 1500 Gaststätten! Und er ging zudem von „einer großen Dunkelziffer“ aus. Damit, dass die Zahl nach dem BVG-Urteil weiter steigt, rechnet nicht nur Schaffert – Marc Klages, Vorsitzender der Nürnberger „Jungen Wirte“, erwartet gar, dass sie „bald in der Mehrheit“ sind. Das Urteil zwinge viele Wirte förmlich dazu. Rauchverbot paradox – gibt’s bald nur noch Raucher-Klubs?
Beim Ordnungsamt ist man nicht wirklich glücklich mit dem Schlupfloch
Gerade Innenstadt-Kneipen können ihre rauchenden Gäste nicht ohne Weiteres vor die Tür lassen – wegen Lärms laufen die Anwohner Sturm. Der Grund dafür, dass David Lohdi und Wolfgang Dengler, Betreiber des „Club Stereo“ in der Klaragasse, ihren Tanzpalast nach diversen Anzeigen wegen Ruhestörung kurzerhand zur ersten Raucherdisco Nürnbergs erklärt haben. Auch Marc Klages, selbst Nichtraucher, lässt sich die Möglichkeit offen, in seinem noch rauchfreien „Frizz“ in der Weißgerbergasse bald wieder „Feuer frei“ zu geben.
Beim Ordnungsamt ist man nicht wirklich glücklich mit dem – durchs BVG legitimierten – Schlupfloch: „Wir haben keinen Außendienst, um Klub-Mitgliedschaften angemessen zu kontrollieren“, sagt Schaffert, dem das Personal für eine „Paff-Polizei“ fehlt: „Wenn der Freistaat jetzt strenge Kontrollen fordern sollte, müsste er das den Kommunen auch bezahlen.“
Gegen eine Vereinheitlichung des Klub-Wesens – wenn etwa der „Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur“ eine einheitliche Mitgliedskarte herausgäbe – hätte er nichts einzuwenden. Derzeit dürfen die Rauch-Wirte ihre Klubs noch weitgehend nach eigenem Gutdünken organisieren.
Mit der einzigen, nicht-Klub-gebundenen, Ausnahme des Rauchverbots ist übrigens nächstes Jahr Schluss: Das Herbstvolksfest 2008 ist das letzte, auf dem in den Bierzelten geraucht werden darf.
Steffen Windschall