Gewalt, Zoff, schlechte Noten? Schule kämpft um ihren Ruf
Pennäler und Lehrer wehren sich mit Kunst und aktuellen Zahlen: Die Carl-von- Ossietzky-Schule in St. Leonhard entspricht nicht dem Ghetto-Klischee.
NÜRNBERG Dass ihre Schule eine „Problemschule“ sein soll, ein Brennpunkt von Gewalt, Armut und Perspektivenlosigkeit, können Aram (17), Larissa (16) und Gürkan (16) nicht glauben.
In der Begleitbroschüre zum Stadterneuerungs-Programm für St. Leonhardt und Schweinau kommt die Carl-von-Ossietzky-Schule ganz schlecht weg. Von einkommensschwachen Familien ist die Rede, vom schlechten Gesundheitszustand der Schüler und von der extremen Benachteiligung bei der Ausbildungsplatzsuche. „Stimmt nicht“, sagen die Neuntklässler. Sie mögen ihre Penne, die mit einem schönen Gebäude und dem satt grünen Hof das Bild der „Ghetto-Schule“ lügen straft. Die drei haben ihren Quali geschafft und eine Lehrstelle gefunden bzw. bald Vorstellungsgespräche.
„Die Zahlen von Wirtschaftsreferat und Schulamt stimmen nicht!“
Und sie sind Teilnehmer eines Kunstprojekts, das heute von Europaminister Markus Söder vorgestellt wird: Stühle aus Stahl haben sie geschweißt, zusammen mit ihrem Werklehrer Florian Malzer und dem Künstler Stuff Klier. Jeder einen ganz individuellen: „Die Schüler aus Migrantenfamilien waren angehalten, einen Stuhl zu schweißen, wie ihn ihr Opa benutzt hätte“, erklärt Konrektor Ludwig Beetz. Das Ergebnis reicht von der Filigran-Arbeit einer jungen Griechin zum wuchtigen Modell des Russen Roman.
Beetz will damit nicht nur etwas für seine Schützlinge tun, sondern das Image seiner Schule verbessern, denn: „Die Zahlen, die von Wirtschaftsreferat und Schulamt in der Broschüre kolportiert werden, stimmen nicht!“, moniert der Pädagoge. Nicht sechs Prozent der Schüler hätten letztes Jahr einen Ausbildungsplatz gefunden, sondern ganze 27! Heuer seien es 30 Prozent. In der Klasse von Aram, Larissa und Gürkan sogar die Hälfte.
Auf Nachfrage beim Schulamt erklärt der Zuständige Hans-Dieter Metzger: „Die Zahlen datieren vom Juli 2007.“ Und nicht vom relevanten September. Was dem Ansehen der Ossietzky-Schule alles andere als zuträglich ist.
Nur die Lehrer und Schüler wissen wohl, wie ihre Schule wirklich ist. Besser als ihr Ruf auf jeden Fall. „Seit einem Jahr gab’s keine Schlägerei mehr“, weiß Absolvent Gürkan. Und freut sich darauf, bald „endlich eigenes Geld zu verdienen“. Steffen Windschall