"Gewalt-Exzess": Sieben Jahre Haft für U-Bahn-Messerstecher

Anfang Februar fiel in einer U-Bahn-Station in Fürth ein junger Mann einem Gewaltverbrechen zum Opfer. Nun wurde der Täter zu sieben Jahre Jugendhaft verurteilt. Sein Bruder als Mittäter muss zwei Wochen Jugendarrest verbüßen.
von  dpa/lby
In einem Fürther U-Bahnhof erstach der Täter sein Opfer in einem nächtlichen Streit.
In einem Fürther U-Bahnhof erstach der Täter sein Opfer in einem nächtlichen Streit. © dpa

Nürnberg - Im weißen Hemd nimmt der Fürther Messerstecher sein Urteil fast regungslos auf. Den Blick zur Mutter des Opfers meidet der 20-Jährige am Mittwoch. Nach seiner Messerattacke war im Februar ein 28-Jähriger am Fürther U-Bahnhof Jakobinenstraße ums Leben gekommen – neun Monate später wird der Haupttäter nun vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren wegen Totschlags verurteilt. Der zwei Jahre jüngere Bruder muss wegen vorsätzlicher Körperverletzung zwei Wochenenden Jugendarrest verbüßen.

 

Richter: "scheußliche Bluttat" und "Gewalt-Exzess"

 

Richter Dieter Weidlich findet harte Worte. "Wir sind ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass der Angeklagte den Geschädigten getötet hat", sagt er. Was in der Nacht auf den 1. Februar geschah, bezeichnet der Richter in seiner Urteilsbegründung als "scheußliche Bluttat", als "Gewalt-Exzess". Der 28-Jährige habe aus "aus völlig nichtigem Anlass" sterben müssen. Im Saal 600 des Landgerichts starrt der Haupttäter da nur noch stur geradeaus.

 

Streitpunkt: Angeklagter rempelt im Vollrausch Freundin des Opfers an

 

Ein kleiner Rempler eskalierte und endete in einer Messerstecherei. Der Hauptangeklagte war mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder und einem gemeinsamen Freund betrunken nach einer Party unterwegs gewesen. Als der 18-Jährige im Vollrausch gegen die Freundin des späteren Opfers torkelte, kam es zum Handgemenge. "Aus Wut, Zorn und gekränktem Stolz, weil die eigenen Schläge das Opfer nicht trafen, ließ sich der Angeklagte provozieren", schildert der Richter. "Da fällt ihm ein, dass er dieses Messer bei sich trägt."

 

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Der junge Mann aus gutem Elternhaus und mit einer festen Stelle als Gleisbauer bei der Bahn sticht achtmal zu - unter anderem ins Herz des Opfers. Der Haupttäter sei "außer sich gewesen", sagt Weidlich. Mit voller Wucht - "tiefer ging's gar nicht mehr" - habe er zugestochen. Den Tod habe der Mann billigend in Kauf genommen.

 

Verteidiger fordert Freispruch - Richter widerspricht vehement

 

Die Verteidiger hatten erfolgslos auf Freispruch plädiert. Doch der Notwehr-Strategie widerspricht der Richter eindringlich: Da der junge Mann auf die Aufforderung "Los, komm her, du Hurensohn" eingegangen sei, liege kein Angriff des Opfers vor, "sondern eine einverständliche Prügelei".

Für eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht habe auf den ersten Blick wenig gesprochen, meint der Richter. Der junge Mann kam als Kind mit seinen Eltern aus Polen nach Deutschland, machte einen Sprachkurs, absolvierte Schule und Ausbildung ordentlich, war der Polizei bis zum Tatzeitpunkt nie aufgefallen und hatte ein ordentliches Einkommen, obendrein sogar eine eigene Wohnung mit seiner Freundin.

Die Tat selbst sei aber als Jugendverfehlung zu werten. Typisch sei die mangelnde Ausgeglichenheit und Besonnenheit in der Tatnacht gewesen. "Dem Angeklagten ist es nicht gelungen, diese Kräfte, die in ihm gewirkt haben, zu unterdrücken", betont der Richter. Die Verteidigung erwägt eine Revision.

 

 

 

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