Getrennt wegen Corona: Liebe kennt keine Grenzen

Wieder sind Paare ohne Trauschein durch corona-bedingte Einreiseverbote getrennt - wie sich Betroffene jetzt wehren.
von  Leonie Fuchs
Bei Grenzkontrollen werden unverheiratete Paare derzeit abgewiesen.
Bei Grenzkontrollen werden unverheiratete Paare derzeit abgewiesen. © Matthias Balk/dpa

Liebe lässt sich nicht an Landesgrenzen festmachen, findet Lukas Steinegger. Der 31-Jährige lebt in Innsbruck in Österreich, seine Freundin Constanze Gabriel in München.

Aufgrund der festgestellten Virusmutationen in Tirol darf Steinegger seine Partnerin seit dem 13. Februar jedoch nicht mehr sehen, wie er der AZ sagt. "Unverheiratete Paare werden an der Grenze abgewiesen". Paare mit Trauschein oder in eingetragener Lebenspartnerschaft hingegen dürfen die Grenze passieren - dann gilt eine fünftägige Quarantänepflicht. In einem Brief wendet sich Steinegger nun an die Bayerische Staatsregierung und die Tiroler Landesregierung. Die Forderung: Gleichberechtigung für alle Paare.

Pärchen wehren sich: "Diese Situation ist absolut inakzeptabel"

Wie das Bundesinnenministerium bestätigte, dürfen Partner aus Tschechien oder dem österreichischen Bundesland Tirol ohne einen Nachweis über eine Eheschließung oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft nicht nach Deutschland einreisen. Ausnahmen gelten demnach nur für "Mitglieder der Kernfamilie" von Deutschen, zu der Ehegatten und eingetragene Lebenspartner gehören.

Constanze Gabriel wohnt in München, Lukas Steinegger in Tirol.
Constanze Gabriel wohnt in München, Lukas Steinegger in Tirol. © Heidi Götz/dpa

Und auch in diesen Fällen müssen die Paare gemeinsam einreisen, einen negativen Corona-Test vorweisen und für mindestens fünf Tage in häusliche Quarantäne gehen. Der in Deutschland lebende Partner müsse zum "Abholen" ins Mutationsgebiet einreisen, sagt Steinegger. "Diese Situation ist aus familiärer, aber auch menschlicher Sicht, absolut inakzeptabel", so der Liebende weiter. Und auch die zweite Verfasserin des Briefes, Theresa E. (28) findet, das sei ein Widerspruch in sich, sagt sie der AZ. Die Quarantänepflicht, ob Ehepaar oder nicht, sei zudem nicht mit einem Vollzeitjob vereinbar.

Forderung: Einreise-Möglichkeit für Lebenspartner unabhängig von Trauschein

Gemeinsam wenden Steinegger und Theresa E. sich nun im Namen "unzähliger Betroffener" an die Politik. Gefunden und organisiert habe man sich über die Facebook-Gruppe "Binationale Paare Österreich, Schweiz, Deutschland", in der sich mehr als 2.000 Betroffene zusammengefunden haben. Gefordert wird konkret: eine Einreise-Möglichkeit für Lebenspartner unabhängig von Trauschein oder eingetragener Lebenspartnerschaft - ohne Quarantänepflicht. "Dass wir uns als Gesellschaft darum bemühen müssen, das Virus so gut es geht einzudämmen, steht außer Frage", schreibt Steinegger in dem offenen Brief. "Es muss aber erlaubt sein, den/ die Liebste(n) sehen zu dürfen."

Die Registrierungspflicht und die Vorlage eines negativen Coronatests wolle man "ganz bewusst unangetastet" lassen. Man nehme dies gerne bei jedem Grenzübertritt in Kauf. "Ich möchte betonen, dass wir das Risiko durch Corona nicht bestreiten", sagt Steinegger. Es müsse konstruktiv und mit der nötigen Sicherheit eine Lösung für alle gefunden werden.

Treffen mit dem Partner seien "Grundbedürfnis und Grundrecht"

Man wolle schließlich nur Zeit mit demjenigen verbringen und keine "fetten Partys" mit "Wildfremden" feiern. Der gleichen Meinung ist auch Theresa E., die in München lebt, ihr Freund in Reutte in Tirol. "Für uns ist es eines der grundlegendsten Bedürfnisse den Partner sehen zu dürfen und das ist einfach so auf unbestimmte Zeit nicht mehr möglich", sagt sie der AZ. Ehe und Familie seien laut Grundgesetz unantastbar: "Vor allem in Europa - da kann nicht einfach eine Mauer hochgezogen werden, ohne jegliche Ausnahmen." Es dürfe nicht sein, dass man einen nahe stehenden Menschen von heute auf morgen nicht mehr sehen dürfe, so die 28-Jährige. "Mein Freund ist meine Familie" - es dürfe demnach keine Rolle spielen, ob man verheiratet sei oder nicht.

"Es ist ein hilfloses Gefühl", beschreibt sie außerdem. "Mein Partner und ich sind sehr eng, mein halber Hausstand ist in Österreich. Das sind natürlich geringere Probleme, aber es kann ja auch sein, dass der Partner mal ins Krankenhaus muss." Es sei unverständlich und ein "ungutes Gefühl" nicht "einfach hinfahren" zu können. Weitere "Ausnahmetatbestände" bei Einreise-Verboten aus Virusvariantengebieten seien derzeit nicht geplant, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf AZ-Anfrage mit. Einreisen "aus dringenden humanitären Gründen" seien jedoch zum Beispiel anlässlich eines Todesfalles, bei der Geburt eines Kindes, oder bei medizinischen Behandlungen, "wenn anderenfalls mit erheblichen gesundheitlichen Schäden gerechnet werden müsste" erlaubt.

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