Gesundheitsreport: So krank sind die Nürnberger wirklich
Der Bericht der Stadt offenbart Defizite: Besonders schwer trifft es Arbeitslose und Alleinerziehende
NÜRNBERG Je ärmer, desto kränker: Armut ist das Gesundheitsproblem Nummer eins. Das bringt der Gesundheitsbericht 2010 der Stadt Nürnberg ans Licht.
Demnach sind sozial benachteiligte Nürnberger häufiger krank. So schätzen etwa nur 51,2 Prozent der Männer ohne Berufsabschluss, aber 71,2 Prozent männlicher Uni-Absolventen, ihren Gesundheitszustand als gut ein.
„Am stärksten armuts- und damit auch gesundheitsgefährdet sind Alleinerziehende und Menschen ohne Job“, sagte Fred-Jürgen Beier, der Leiter des städtischen Gesundheitsamts. Die hohe Arbeitslosigkeit in Nürnberg verstärke die Problematik noch: Wegen zahlreicher Insolvenzen war 2009 die Arbeitslosenquote auf 8,7 Prozent (7,1 im Vorjahr) gestiegen – und lag damit deutlich über dem Bayernschnitt von 4,8 Prozent.
Zwar gebe es keine „Arbeitslosenkrankheit“ in dem Sinne, doch schon ein drohender Jobverlust sowie Langzeitarbeitslosigkeit erhöhten die physische und psychische Belastung. So gaben Befragte an, öfter unter Nervosität und Antriebslosigkeit zu leiden. Im Vergleich zu Erwerbstätigen sind Arbeitslose außerdem häufiger übergewichtig (43,1 zu 36,2 Prozent) und seltener (41 statt 51) sportlich aktiv.
"Es besteht akuter Handlungsbedarf!"
„Es gibt eine Gerechtigkeitslücke bei der Gesundheit. Hier besteht akuter Handlungsbedarf“, so Beier. Statt teurer Investitionen in kurzzeitige Gesundheits-Aktionen will Beier mit langfristig angelegten Präventionsprojekten die Bildungskluft schließen.
Auch Nürnberger mit Migrationshintergrund – ihr Bevölkerungsanteil stieg 2008 auf 46,3 Prozent – sind von der Gesundheitsproblematik stärker betroffen: Wegen sprachlicher und kultureller Barrieren sei die Gefahr der Einkommensarmut besonders groß, zudem seien sie oft besonderen psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Am meisten Alkohol wird dagegen in sozial höheren Schichten getrunken. An dessen Folgen sterben aber mehr Ärmere.
„Erfolgsversprechende Strategien für Gesundheitsförderung setzen im Alltag an“, betonte Beier. Am Besten sei es direkt in sozialbenachteiligten Stadtteilen bei „organisierten Lebenswelten“ wie Kindergärten, Schulen oder Freizeitzentren anzusetzen. In den Stadtteilen St. Leonhard und Schweinau ist bereits ein Projekt des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ gestartet, das Gesundheitsförderung im Alltag praktiziert. Jedes Kind soll dort ein Frühstück bekommen. „Wir können nur als Team den Rückstand in der Gesundheit aufholen“, so Beier in Anlehnung an die Thesen der Fußball-WM. scs
Warum Menschen in Bayern länger leben, lesen Sie in der Print-Ausgabe der Nürnberger Abendzeitung vom 14.Juli 2010.
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