Gestrandet im blauen Eck

„Finnisch“: Tragikomisches Solo für Philipp Niedersen im Theater Salz & Pfeffer.
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Kühlschrank statt kühler Kopf: Philipp Niedersen wartet.
Berny Meyer Kühlschrank statt kühler Kopf: Philipp Niedersen wartet.

NÜRNBERG - „Finnisch“: Tragikomisches Solo für Philipp Niedersen im Theater Salz & Pfeffer.

Aus dieser kahlen Ecke kann er nicht entkommen, der namenlose junge Mann, der sich selbst ein Paket geschickt hat und nun auf die idealisierte Postbotin wartet — und jede Tat in Gedankenfetzen erstickt. Ein eigenes Kommunikationsproblem hat Martin Heckmanns, inzwischen reich dekorierter Dramatiker, in seinem Bühnenerstling „Finnisch oder Ich möchte dich vielleicht berühren“ durchgespielt. Im Theater Salz & Pfeffer besitzt das Ironie: Auf der derzeit kleinsten Bühne des Nürnberger Schauspiels schleicht und tänzelt Philipp Niedersen als der junge Mann um seinen Kühlschrank, geheimnisloses Heiligtum einer unbehausten Wohnung, und bereitet sich in Wortarabesken auf die provozierte Begegnung vor.

„Klatsch! Anfassen geht nicht“, konstatiert er die eigene Ohrfeige mit überrascht geweiteten Augen. Da sind die feierlich gemurmelten Anfangsverse dieses lyriklastigen Monologs längst in der Komödie angekommen, die wiederum in immer neuen Melancholie-Sackgassen strandet. Ohne Angst vor Grimassen spielt Niedersen Posen heranwachsender Männlichkeit durch und die Reaktionen des erdachten Gegenübers mit, träumt mit offenem Mund vom Geküsstwerden, lässt sich lasziv gegen die Wand fallen und simuliert Coolness: „Wenn wir dann im Urlaub gewesen sein werden...“ Doch soweit kommt es nicht, denn die von Ulli Remmert geschaffene Bühnen-Enge lässt sich auch durch die wasser- und himmelblaue Farbe nicht weiten, mit der der junge Mann seine Wände streicht.

Schnörkellos schneidet die Regisseurin das Gedankenspektakel auf Niedersen zu, lässt ihn Identitätsoptionen durchprobieren, mit Farbe und Erdnüssen kleckern. Manchmal erinnert das an einen Impro-Workshop, ergibt aber unterm Strich das Psychogramm eines Verlorenen, der nach dem Urvertrauen sucht wie einst die Menschen nach der Ursprache. Da war auch Finnisch im Angebot — als Ergebnis heimlicher Kommunikation. Dass dazu immer zwei gehören, bleibt nach einer knappen Stunde tragikomische Essenz. Georg Kasch

Wieder am 3., 7., 25. Februar, Karten Tel. 01805/231600

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