Gericht lässt Kinderarbeit für Grabsteine zu

Die Stadt Nürnberg wollte ein Verbot. Ein Steinmetz klagte erfolgreich gegen die neue Friedhofsordnung
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Nürnbergs Friedhöfen, hier in St. Jobst, werden auch in Zukunft Grabsteine zieren, die mit Kinderarbeit produziert wurden.
Berny Meyer Nürnbergs Friedhöfen, hier in St. Jobst, werden auch in Zukunft Grabsteine zieren, die mit Kinderarbeit produziert wurden.

Die Stadt Nürnberg wollte ein Verbot. Ein Steinmetz klagte erfolgreich gegen die neue Friedhofsordnung

NÜRNBERG Die Bilder sind verstörend: Kinder im Grundschulalter kauern auf dem Boden vor riesigen Steinen, die sie mit einfachsten Werkzeugen zerklopfen – stundenlang, in sengender Hitze. Grausige Szenen, die ein WDR-Team 2007 geheim in Indien eingefangen hat. Die Steine landen nicht selten auf deutschen Gräbern – „unmöglich in der Stadt der Menschenrechte“, fand Nürnbergs Stadtspitze.

Sie ergänzte daher im letzten Jahr die städtische Friedhofsordnung um einen Passus, der Steinmetze dazu zwingt, nur zertifizierte Steine aufzustellen – also solche, die ohne Kinder-Sklaven verarbeitet wurden.

Ein mittelfränkischer Steinmetz-Betrieb war damit nicht einverstanden. Er klagte vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, weil die Stadt seiner Ansicht nach nicht zu solch einer Verordnung befugt sei – und bekam Recht. Auch in zweiter Instanz hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Beschluss bestätigt.

Die Stadt Nürnberg gibt allerdings nicht auf. Sie will weiter alle Möglichkeiten ausschöpfen, mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof und Bemühungen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bayern und im Bund zu verändern, kündigt Kämmerer Harry Riedel (SPD) an. Die mittelfränkische Steinmetz-Innung zeigt sich indes zufrieden mit dem aktuellen Urteil: „Kleine Betriebe können nicht gewährleisten, dass Steine in ihrem gesamten Produktionsprozess den Vorgaben entsprechen“, sagte Vorstand Bernd Deifel auf AZ-Anfrage.

Was in letzter Konsequenz bedeutet, dass weiter Grabsteine importiert werden, die in Indien und anderen Schwellenländern in Sklavenarbeit hergestellt wurden.

Steffen Windschall

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