"Genehmigungs-Chaos" bei Hochwasser-Hilfe: Rechnungshof knöpft sich Ministerium vor

Klar: Bei Hochwasser brauchen die Betroffenen schnell Hilfe. Aber wenn es nach dem Obersten Rechnungshof geht, ist das Landwirtschaftsministerium in Bayern viel zu lax bei der Gewährung von Geld.
von  Heidi Geyer
Michaela Kaniber (CSU), Landwirtschaftsministerin in Bayern, steht neben einem überfluteten Acker.
Michaela Kaniber (CSU), Landwirtschaftsministerin in Bayern, steht neben einem überfluteten Acker. © Stefan Puchner/dpa

München - Der Zettel lässt einen etwas ratlos zurück. Auf einem karierten Wisch steht in Handschrift, dass die Schäden eines Landwirts durch das Hochwasser bestätigt werden. Offenbar langt so ein Zettel, um einen Ausgleich für Ernteschäden vom Landwirtschaftsministerium zu bekommen. Und zwar nicht nur in diesem, sondern auch in 28 weiteren Fällen im Jahr 2021, die den Steuerzahler 510.000 Euro gekostet haben: "Wesentliche Bestandteile" fehlen oder stehen nur teilweise in diesen "Gutachten", wenn man den Wisch so nennen will. 

Hochwasser-Hilfe: Knapp eine Million für Landwirte und Fischer

So schreibt und kritisiert es der Oberste Rechnungshof (ORH) in Bayern, dessen Bericht am Mittwoch Thema im Haushaltsausschuss im Landtag war. Knapp eine Million Euro bewilligte das Landwirtschaftsministerium an Finanzhilfen an Landwirte und Fischereibetriebe. "Dabei blieb außer Betracht, ob Betroffene sich gegen den Schaden hätten versichern können", ist ein Kritikpunkt des ORH. Denn, obwohl eine entsprechende Regelung in der damals geltenden Bayerischen Schadensausgleichsrichtlinie verankert war, hielt man sich nicht daran.

Ein Zettel oder ein "Gutachten"?
Ein Zettel oder ein "Gutachten"? © ORH

Zudem kritisieren die Rechnungsprüfer fehlende Sorgfalt bei der Sachbearbeitung: "So akzeptierte die Landwirtschaftsverwaltung in vielen Fällen wenig aussagekräftige Gutachten beziehungsweise Schadensschätzungen und forderten auch in Fällen mit hohen Schadenssummen die notwendigen Belege nicht ein."

"Schlampig durchgeführte Verfahren": Bekommen die Richtigen das Geld?

Kerstin Celina (Grüne) findet einerseits, dass denjenigen geholfen werden müsse, die dringend Hilfe brauchen. Aber: "Schlampig durchgeführte Verfahren führen dazu, dass das Geld am Ende denen fehlt, die es dringend brauchen", sagt Celina der AZ. Es sei das achte Mal, dass ein Schadensausgleich erfolgt sei und nicht das erste Mal, dass das moniert werde.

"Ich würde schon erwarten, dass es inzwischen ein klares Vorgehen gibt, wie man regelkonform vorgehen kann", so die Abgeordnete, die Mitglied im Haushaltsausschuss ist. Ihr SPD-Kollege Harry Scheuenstuhl kämpft dafür, dass sich das "Genehmigungs-Chaos" nicht wiederhole. Zugleich sollen aber die Hilfen schnell und gerecht ausgezahlt werden. Sowohl SPD als auch die Grünen missbilligten den Bericht, CSU, Freie Wähler sowie die AfD schlossen sich jedoch nicht an.

"Auch in Krisenzeiten gilt es, die elementaren Grundsätze des Haushaltsrechts zu beachten"

"Dieser Prüfungsbericht hat nun leider eine dramatische Aktualität erhalten", sagt ORH-Präsidentin Heidrun Piwernetz. Zügige Unterstützung befürwortet sie: "Aber auch in solchen Krisenzeiten gilt es, die elementaren Grundsätze des Haushaltsrechts zu beachten!"

Nun gab es wieder Hochwasser in mehreren bayerischen Regionen, die Staatsregierung hat bereits 200 Millionen Euro zugesagt, die bereits ausgezahlt werden – nicht nur für Landwirte und Fischer.

Landwirtschaftsministerium will "noch sorgfältiger" sein

Hier sei aber laut Kabinettsbeschluss geregelt, dass nicht versicherbare Schäden zu 50 Prozent, versicherbare Schäden dagegen nur zu 25 Prozent ausgeglichen werden, so ein Sprecher des CSU-geführten Landwirtschaftsministeriums. Auf AZ-Anfrage heißt es, dass diejenigen Bereiche, zu denen der ORH Anmerkungen bei den Finanzhilfen 2021 gemacht hat, "mit noch größerer Sorgfalt vorbereitet und dementsprechende Regelungen getroffen werden".

So seien bereits einen Tag nach dem politischen Beschluss, ein Hilfsprogramm anzubieten, alle Beteiligten dahingehend informiert worden, die Geschädigten für eine zeitnahe und aussagekräftige Dokumentation der Schäden zu sensibilisieren. Eine spezielle App solle dabei helfen.

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