Geliebte, Pornos, Schläge – Exzesse in Kloster Ettal
Rund 100 Opfer von zehn Mönchen haben sich beim Sonderermittler gemeldet. Unter Tränen gesteht der Verwaltungschef : Auch ich habe Kinder gedemütigt und misshandelt“.
Über Nacht ist der Winter zurückgekehrt nach Ettal. Doch die dünne Neuschneedecke kann nicht verbergen, welch schreckliche Dinge sich in Kloster und Schule ereigneten. Benediktinermönche haben Schüler massiv misshandelt und sexuell missbraucht. Rund 100 Opfer haben sich inzwischen gemeldet. Mindestens zehn Mönche sollen sich an den Exzessen beteiligt haben. Einer schmuggelte sogar heimlich eine 16-Jährige als Geliebte ins Kloster. Ein weiterer Pater hat Kinderpornos auf seinem Computer gehortet. Er stellte sogar Bilder seiner halbnackten Schüler ins Internet.
Die Fotos entstanden auf Bergtouren und Klassenausflügen. Sie zeigen Buben mit nacktem Oberkörper. Der Pater hatte die 2000 und 2001 heimlich ins Internet gestellt. Die Sache flog erst auf, als einige Ettaler Schüler Namen von Freunden googelten und dabei plötzlich auf Seiten für Homosexuelle landeten.
Weil er Kinderpornos aus dem Internet runterlud, hat die Staatsanwaltschaft vergangene Woche das Kloster durchsucht. Der betreffende Pater hatte sich selbst angezeigt. Er wurde vom Unterricht suspendiert und hat angekündigt, eine Therapie zu machen.
„Ich werde Tag und Nacht von Vorwürfen ehemaliger Schüler überhäuft", berichtete Rechtsanwalt Thomas Pfister, der vom Kloster als Sonderermittler eingesetzt wurde. Am Freitag legte er seinen vorläufigen Abschlussbericht vor. Demnach wurden 100 Schüler misshandelt oder sexuell missbraucht. Deutlich mehr als zehn Patres sollen sich an den Übergriffen der vergangenen Jahrzehnten beteiligt haben.
So gab es in den 70er Jahren einen Pater R. der eine 16-Jährige verführte. R., nach Schilderung seiner damaligen Schüler ein „ausgemachter Sadist“, wollte für seine Geliebte den Orden verlassen. Doch dann wurde er zum Schuldirektor befördert. Seine Geliebte sollte verschwinden. Er bot dem Mädchen Geld, falls es nach Neustadt an der Weinstraße ziehe. Doch die Schülerin blieb und wurde von dem liebestollen Pater bis in die Abi-Prüfung hinein mit schlüpfrigen Bemerkungen terrorisiert und gedemütigt.
Offenbar wurde auch ein Benediktiner von einem Mitbruder sexuell missbraucht. Das behauptet jedenfalls ein ehemaliger Pater, der sich bei Thomas Pfister gemeldet hat.
Besonders schockierend ist die Lebensbeichte des 2009 verstorbenen Pater. Magnus. Offen beschreibt der Mönch seine pädophilen Neigungen. Schüler zwischen 14 und 15 seien ihm am liebsten gewesen. Nachts hätten sie sich zu ihm ins Bett gelegt, sich von ihm befriedigen lassen. „Das habe ich mir immer schon mit dir gewünscht“, habe einer geschrieben. Der Andrang sei groß gewesen – „nicht einfach für einen Präfekt der Oberstufe“, schrieb der Pater.
Im Internat Ettal wurde Kinder aber auch systematisch misshandelt. Einige Patres zwangen dabei in den 60er Jahren Schüler zu so genannten „Watschenkämpfen“. Dabei saßen sich zwei Schüler auf Nachtkästchen gegenüber und mussten sich solange gegenseitig ins Gesicht schlagen, bis einer herunter fiel.
Mit Tränen in den Augen gestand der Verwaltungschef des Klosters, Cellerar Johannes Bauer: „Auch ich habe Kinder gedemütigt und brutal misshandelt.“ In den 80er Jahren habe er, so Schüler mit Kleiderbügeln und der flachen Hand geschlagen, so die späte Beichte des Benediktiners.
Für Aufregung sorgte der Auftritt des kommissarischen Schulleiters Wolf Rall bei der Pressekonferenz. Rall verharmloste gewalttätige Übergriffe eines Paters in jüngster Zeit als „leichte Kopfnüsse mehr im Spaß". Der Sonderermittler widersprach scharf. Pater R. habe Schüler so geschlagen, dass sie zu Bettnässern wurden, berichtete Pfister, das habe ihm Rall selbst berichtet.
In drei Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Einmal gegen den Pater, der Kinderpornos besaß, dann gegen den Pater, der noch 2009 Kopfnüsse verteilte und gegen einen Pater wegen sexuellen Missbrauchs. Er hatte sich 2005 an Schüler herangemacht.
Ralph Hub
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