Gekündigt – weil er in der Arbeit surfte!
Der Streit dauert schon sieben Jahre – jetzt landete die Sache vorm Landesarbeitsgericht.
NÜRNBERG Sieben Jahre dauert bereits der Streit um die Kündigung eines Ingenieurs (jetzt 55). Der Mitarbeiter einer fränkischen Behörde soll trotz Verbots regelmäßig privat im Internet gesurft haben. Mit dem ungewöhnlichen Fall hat sich inzwischen das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der Revision beschäftigt. Jetzt landete die Sache wieder beim Landesarbeitsgericht Nürnberg.
Mindestens eine Stunde täglich soll Hans B. (Name geändert) im Dienst-PC gegoogelt haben. Doch das sind Schätzungen – nachweisen kann man es ihm nicht. Der Ingenieur benutzte, so der Vorwurf, zwei Tarnkappen-Programme, die er extra installiert hatte. Was auffiel, als die Festplatte seines PCs im Juni 2002 repariert werden musste. Eine neue Festplatte wurde eingesetzt. Und bei der Nachkontrolle im Juli 2002 festgestellt, dass die Tarnkappen-Programme schon wieder installiert waren.
„Ich möchte wissen, ob in dieser Behörde keiner sonst privat surft“, warf die Anwältin ein
Die Folge: Der Freistaat Bayern kündigte als Arbeitgeber dem Ingenieur, weil er gegen das Surf-Verbot verstoßen habe. Hans B. reichte Kündigungsschutzklage ein – mit Erfolg. Die Entlassung wurde vom Landesarbeitsamt (LAG) Nürnberg in zweiter Instanz als unwirksam zurückgewiesen, weil vorab keine Abmahnung erfolgt sei. Und so ist der Ingenieur bis heute in der Behörde beschäftigt. Frank Kroier, Anwalt des Freistaats, ging in Revision vor das Bundesarbeitsgericht (BAG). Und bekam Recht. Wenn ein Mitarbeiter so trickreich Kontrollen umgehe beim Surfen, brauche es keine Abmahnung, stellte das BAG fest. Der Fall wurde mit Auflagen an das LAG Nürnberg zurückverwiesen. So sollte die genaue private Nutzung des PC festgestellt werden – doch das war nicht möglich. Nachweisbar waren nur 26 private Favoriten (bevorzugte Surf-Adressen), die Hans B. gespeichert hatte.
„Ich möchte wissen, ob in dieser Behörde keiner sonst privat surft“, warf B.s Anwältin ein. „Jeder tut es doch, auch wenn es verboten ist.“ Und in diesem speziellen Fall sei es sogar nicht ganz untersagt, sondern geduldet worden.
Gefahr des Virenbefalls gering
Auf Anweisung des BAG sollte ein Experte auch feststellen, ob es durch die private Nutzung zu Schäden gekommen sei. Was der Sachverständige im Gutachten verneinte. Die Gefahr des Virenbefalls sei gering gewesen, da der PC nicht an einem Zentralrechner hing. Zur Befragung vor Gericht, wie von Kroier beantragt, wurde der Gutachter nicht geladen.
Das Gericht will im Juli über den Ausnahmefall entscheiden. Die Meinungen der zwei ehrenamtliche Richter (je ein Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) „sind hier ganz wichtig“, so der Vorsitzende Richter, „da sie ja aus der Praxis kommen. Ich selbst verstehe die Entscheidungen des BAG nicht immer“. cis
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