Geheimplan: Männleinlaufen jetzt bald mehrfach am Tag?
Damit noch mehr Touristen zuschauen können. 500 Jahre lang drehten die Kurfürsten an der Frauenkirche ihre Runde nur Mittags – bis zur vergangenen Woche...
NÜRNBERG Eine von Nürnbergs jahrhundertealten Traditionen ist seit Mittwoch vergangener Woche gebrochen! Das weltberühmte Mänleinlaufen an der Frauenkirche wurde aus dem Rhythmus gebracht. Und das nach einem halben Jahrtausend...
Es war ein sonniger Nachmittag, am Hauptmarkt ging alles seinen gewohnten Gang. Die Gemüseverkäufer versetzten ihren Spargel, Touristen flanierten übers Kopfsteinpflaster, Fahrradfahrer trotzten dem Radfahrverbot. Kurz vor 15.30 Uhr trauten sie alle ihren Ohren nicht: „Ding-dong“ tönte es metallisch vom Turm der Kirche. Und schon drehten die Kurfürsten, angeführt vom Fürstbischof von Mainz, ihre Runde um den Kaiser des Deutschen Reichs. 21 Stunden früher als normal.
Normal bedeutet nämlich seit 500 Jahren, dass die Männlein kurz vor 12 Uhr mittags von einem Trommler, Fanfarenbläsern und Flötisten auf ihren Parcours geschickt werden. Und auch nur kurz vor 12 Uhr mittags und nicht am Nachmittag. Ein ehernes Gesetz aus Zapfen, Zahnrädern und Ketten, von klugen Nürnberger Mechanikern erdacht.
Fremdenführer und Tourismusverbände möchten, dass die Männlein öfter am Tag laufen
Seit zwei Wochen allerdings hat die Digitaltechnik Einzug gehalten unter dem alten Turmdach: „Immer wieder gab es Anfragen von Fremdenführern und Tourismusverbänden, das Männleinlaufen doch öfter in Gang zu setzen“, klärt Wolfgang Vinzl, Chef des Nürnberger Hochbauamts, auf. Das Wirtschaftsreferat wendete sich schließlich an seine Behörde, ob da nicht was zu machen sei. „Aber da es zu gefährlich ist, an der alten Technik herumzubohren, haben wir vor zwei Wochen eine elektronische Zeitschaltuhr angebracht“, so Vinzl. Und die funktioniert tadellos, wie seit letzter Woche Markthändler und Passanten wissen.
Das Männleinlaufen zur ungewohnten Stunde war allerdings gar nicht geplant: „Nach dem ersten Programmieren haben wir gesehen, es funktioniert“, sagt Vinzl, dessen Männer schlicht vergessen hatten, die Hightech-Neuerung wieder zu entprogrammieren.
Ob das Männleinlaufen nun bald ganz regulär zwei Mal oder gar öfters am Tag Touristen wie Nürnberger erfreuen wird, ist noch offen: „Schließlich würde das eine hundertprozentige Mehrbelastung der Mechanik mit sich bringen“, räumt Vinzl ein. Und die soll ja schließlich weitere 500 Jahre die Kurfürsten auf Trab halten. Mindestens. StW