Geheimbunker: Hier sollte Bayern regiert werden

Geheimnis gelüftet: Im Kalten Krieg unterhielt Bayerns Regierung einen getarnten Ausweichsitz samt Bunker.
von  Thomas Gautier
Blick in den stillgelegten Bunker der Staatsregierung in Geretsried.
Blick in den stillgelegten Bunker der Staatsregierung in Geretsried. © dpa

Bis 1992 sollte Bayern im Kriegsfall aus diesem Schutzraum regiert werden.

Geretsried – Bayern in den 80ern, die Apokalypse beginnt: Sowjets und Nato führen Krieg, im Osten rollen Panzer vor, russische Atomraketen sind im Anflug – auch auf München. In der Landeshauptstadt bricht die Hölle los, die Staatsregierung ist aber nicht mehr da. Ministerpräsident, Minister und Stabsbeamte hocken im Keller der staatlichen Feuerwehrschule in der Sudentenstraße 81 in Geretsried. Dort, in einem Gewerbegebiet im Osten des Örtchens, liegt der Bunker für die obersten Köpfe des Freistaats: Bayerns Hauptstadt im Kriegsfall.
Jahrzehntelang war der Schutzraum geheim – bis heute. Bunker-Experte Jörg Diester fand das „Ausweichquartier” in Dokumenten aus der Zeit des Kalten Kriegs.

1976 wird der Unterschlupf auf Weisung der Bundesregierung erbaut. Wie in anderen Bundesländern soll aus dem Schutzkeller heraus eine verkleinerte Regierungsmannschaft Bayern im Atomfall führen. Komfort ist zweitrangig: 178 Menschen müssen auf 200 Quadratmetern zurechtkommen. Der Ministerpräsident schläft wie alle anderen auf einer ausklappbaren Pritsche an der Wand. Es gibt Strom und Telefon, aber kein fließend Wasser – die Duschen werden mit Handpumpen betrieben, für ministeriale Geschäfte gibt’s Trockentoiletten.
Jörg Diester ist sicher: Lange hätten es die Krisenstäbe dort nicht ausgehalten. „Es ist sehr spartanisch eingerichtet”, sagt er der AZ. Nahrungsvorräte gab es nicht, laut einem Formblatt sollten Insassen warme Socken und „Stullen für drei Tage” mitnehmen.

30 Tage musste jede Not-Regierung arbeitsfähig sein. Doch im Bunker gab es keine Arbeitsräume – die lagen an der Oberfläche. „Eine sehr kuriose Umsetzung”, sagt der Experte, „und sie wich von den Bundesvorschriften ab.” Bei einem Atomschlag war der Schutzraum so sicher wie ein Baumhaus: Es gibt zwar eine Luftfilteranlage gegen radioaktive Strahlung, die Betonwände seien aber zu dünn. „Da ging es ausschließlich um das Überleben eines temporären Luftangriffes”, so Diester.
Dazu kam es nie – nach der Wiedervereinigung wurde der Bunker 1992 stillgelegt und als Abstellraum genutzt. Bald dürfen auch normale Bayern rein: Die Feuerwehrschule will darin ein kleines Museum einrichten.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.