Gasthaus "Zur Kanne": Genuss mit Geschichte

Denkmalschutz-Experten schrieben ein Buch über Frankens schönste Wirtshäuser – eines davon ist das Bräustüberl der kleinen Brauerei Schneider in Weißenburg
NÜRNBERG Führer durch die fränkische Gastronomie gibt es viele. Und alle haben sie vor allem ein Anliegen: Sie erzählen dem hungrigen Leser, wo er welche Gerichte genießen kann, wie sie schmecken und was sie kosten. Der wunderschön gestaltete und reich bebilderte Band „Genuss mit Geschichte“ (Volk Verlag, 192 Seiten, 16,90 Euro) ist anders. Deshalb nennen ihn seine Autoren auch nicht Gasthaus-, sondern „Gastraumführer“.
Die Autoren interessierten sich nämlich weniger dafür, was in den Gasträumen serviert wird, als für die Räumlichkeit selbst. Sie machten in ganz Bayern historische, original erhaltene Gaststuben ausfindig – und versammelten die 50 schönsten davon in ihrem jetzt veröffentlichten Buch. Immerhin 19 der historischen Wirtshäuser, die allesamt in der bayerischen Denkmalliste verzeichnet sind, liegen in Franken.
Auffällig dabei: Der Großraum Nürnberg/Fürth/Erlangen ist ein großer weißer Fleck auf der Karte der schönsten Gaststuben in Franken. Wer in original-historischem Ambiente essen möchte, muss das Städtedreieck verlassen. Seine nächstgelegenen Ziele: Roßtal, Forchheim (s.u.) – oder Weißenburg.
Dort, in der historischen Altstadt der ehemals Freien Reichsstadt, stößt er auf das „Bräustüberl Zur Kanne“, von dem die Buch-Autoren als „Inbegriff eines Wirtshauses“ schwärmen.
„Ich bin gottfroh, dass in den 50ern kein Geld da war, um die Gaststube zu modernisieren“
Etwa 1890 verwandelte die im gleichen Gebäude-Komplex untergebrachte Brauerei Schneider (gegründet 1794) das ehemalige Tuchmacherhaus in ihr Vorzeige-Wirtshaus. An dem den Experten unter anderem der „zentrale Gastraum mit Theke und seinen umlaufenden Eckbänken unter Säulenarkaden“ gefiel. Zudem fanden die „Holzdielenböden, die dunklen Wandvertäfelungen und Gewölbe“ sowie die blank gescheuerten „Tische in Ahorn“ höchste Anerkennung. Alles in allem biete die „Kanne“ eine „Wohnzimmer-Atmosphäre, die von den Hochglanzhüllen der gängigen Restaurant-Ketten niemals erbracht werden kann“.
Thomas Schneider (53), in dritter Generation Inhaber der gleichnamigen Brauerei, weiß um die Attraktivität seines Brauerei-Gasthauses, und es ist ihm eine Herzensangelegenheit, das historische Ambiente dort zu erhalten: „Ich bin gottfroh, dass in den 50er-Jahren kein Geld da war, um die Gaststube nach den damaligen Vorstellungen zu modernisieren.“
Seitdem er vor rund 20 Jahren die Brauerei übernahm, wurde natürlich immer wieder modernisiert, „aber eben behutsam“, sagt Schneider, den Ehefrau Jutta, eine gelernte Restauratorin, dabei fachmännisch unterstützte. Dass sein Schmuckstück Aufnahme in „Genuss mit Geschichte“ fand, hat ihn überrascht: „Ich hatte keine Ahnung davon. Aber ich freue mich natürlich, dass unser Hang zur Tradition auf diese Art belohnt wird.“
Zum großen Glück für den Besucher erschöpft sich diese Tradition nicht in historischem Interieur, sondern findet in Speis' und Trank eine würdige Ergänzung. Schneider braut für seine Gäste sage und schreibe sechs Sorten Bier, von denen das bernsteinfarbene Märzen besonders viel Zuspruch findet. Derzeit hat er auch noch einen dunklen Bock vom Fass im Angebot, und im Sommer verwöhnt er Bierfreunde mit einem naturtrüben Kellerbier.
Heinz Meier (59), der wuchtige Wirt der „Kanne“, serviert dazu ein Essen, wie es stimmiger nicht sein könnte: fränkisch-bayerische Hausmannskost, die er ganz behutsam weiterentwickelt, ohne sie ihrer Ursprünglichkeit zu berauben. Die gesamte Essens-Auswahl passt auf eine handgeschriebene, täglich aktualisierte DIN A 4-Seite, dafür wird alles frisch zubereitet; eine Mikrowelle sucht man in seiner blitzblank gewienerten Küche vergeblich, und sogar das Butterschmalz stellt Meier selbst her: „Weil's einfach besser schmeckt!“
Die Weißenburger danken ihm seine Arbeit, indem sie sein Lokal zum bestbesuchten der Stadt machen. Und so ist die „Kanne“ also nicht nur ein Fall für einen „Gastraum-“, sondern auf jeden Fall auch einer für einen ganz herkömmlichen Gasthausführer.
Jürgen Eisenbrand
Bräustüberl „Zur Kanne“, Bachgasse 15, Weißenburg, Tel.09141/ 3844. Geöffnet: Di. und Mi. ab 17.30, Do. bis So. auch 11 bis 14 Uhr. Mo. Ruhetag. Spezialitäten: Münchner Schnitzel, Bratwürste in Biersoße, Matjes mit hausgemachter Soße, knackfrische Salate.