Fürther Altenheim: Rollstuhlfahrer zündet sich an!

Heimleitung versucht, die Tragödie tot zu schweigen und zu bagatellisieren. Schon im Sommer gab’s im „Curanum“ einen bösen Skandal.
von  Abendzeitung
Das skandalumwitterte Pflegeheim „Curanum“ in Fürth. Montagnacht zündete sich dort ein Verwirrter selbst an.
Das skandalumwitterte Pflegeheim „Curanum“ in Fürth. Montagnacht zündete sich dort ein Verwirrter selbst an. © Berny Meyer

Heimleitung versucht, die Tragödie tot zu schweigen und zu bagatellisieren. Schon im Sommer gab’s im „Curanum“ einen bösen Skandal.

FÜRTH Kein guter Einstand für Barbara Taglang, seit vier Wochen Leiterin des Fürther Altenheims „Curanum“: In der Nacht von Montag auf Dienstag hat sich dort ein verwirrter alter Mann (73) in seinem Zimmer selbst angezündet, liegt seitdem schwer verletzt im Nürnberger Südklinikum.

Taglang (58) – einst Äbtissin des Klosters Lüne in Lüneburg – allerdings mag die Aufregung um den tragischen Vorfall so gar nicht verstehen: „Ist das so etwas Besonderes? Ist das so wichtig?“, empört sie sich und ist „konsterniert“ über Nachfragen, befürchtet Negativ-Schlagzeilen: „Wollen Sie etwa, dass wir Leute entlassen müssen?“

Soll der Vorfall unter den Teppich gekehrt werden? Erst nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks gestern Mittag wurde der Fall publik. Merkwürdig auch: Wider besseres Wissen versuchte der Fürther Seniorenbeirat, die Angelegenheit tot zu schweigen – ein Verantwortlicher bat Günther Dütthorn, Heimfürsprecher im „Curanum“: „Behalten Sie das für sich.“

Heimchefin präsentiert unterschiedliche Versionen

Selbst dem hart gesottenen Pflege-Experten Claus Fussek („Im Netz der Pflegemafia“) bleibt da die Spucke weg: „Blöder geht’s nimmer“, kommentiert er die Versuche der Heimleitung, das Unglück zu vertuschen. Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Versionen, die Chefin Taglang zum Vorfall anbietet: „Vielleicht hatte der Mann das Feuerzeug von einem Verwandten“, sprach sie dem Bayerischen Rundfunk ins Mikrofon. „Er war Gelegenheitsraucher“, sagte sie zur AZ. Wie dement der Mann tatsächlich ist, wollte Taglang „aus Datenschutzgründen“ nicht verraten. Was aber interessant wäre, um einzuschätzen, ob er überhaupt ein Feuerzeug hätte besitzen dürfen. „Vielleicht ist ihm die Zigarette runter gefallen“, spekuliert sie: „Ich war ja nicht dabei.“ Ganz anders klingen da die Erkenntnisse der Fürther Kripo: „Er zündete mit einem Feuerzeug seinen Schlafoverall an“, ist in der Pressemitteilung zu lesen. Man hatte den Verwirrten in einen Anzug mit Rückwärts-Reißverschluss gezwängt, damit er nicht an seine Windel kommen konnte.

Schon im Sommer dieses Jahres sorgte das Börsen-notierte „Curanum“ für einen bösen Skandal: Der BR berichtete über untragbare hygienische und pflegerische Zustände. Aber davon will die neue Leitung nichts erfahren haben.

Steffen Windschall

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