Freund verschwunden: Wolfgang, wo bist Du?

HOF/NÜRNBERG - Der Versicherungs-Fachwirt Wolfgang Hönle (56) ist seit vier Monaten wie vom Erdboden verschluckt. Er fuhr morgens zur Arbeit, kam dort aber nie an.

Rauf und runter, hin und her. Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die Annemarie R. (47) seit vier Monaten durchleben muss. Am 8. Juni verschwand der Mann, den sie liebt. Wie vom Erdboden ist Wolfgang Hönle (56) seit diesem Tag verschluckt. „Es war wie immer“, erinnert sich Annemarie R. an den Tag zurück, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellte. „Wir saßen am Frühstückstisch. Er hatte ein Müsli vor sich stehen, ich aß ein Wurstbrot. Wir haben miteinander geredet“, schildert sie die letzten Minuten ihres Beisammenseins.

Kurz vor 7 Uhr morgens stiegen beide in Wolfgangs schwarzen Audi A3. Wie jeden Tag brachte der Versicherungsangestellte seine langjährige Freundin zum Wasserwirtschaftsamt, wo sie beschäftigt ist. Sein Arbeitsplatz ist nur ein paar Fahrminuten entfernt. Annemarie R.: „Er hat mich geküsst und gesagt, dass er mich nach der Arbeit wieder abholen wird.“ Danach fährt Wolfgang Hönle los, seine Freundin blickt ihm nach. Es ist das letzte Mal, dass sie ihn sieht.

Annemarie R. kennt ihren Freund seit über 20 Jahren. Sie schätzt seine Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Umso erstaunter ist sie, als gegen 13 Uhr Wolfgangs Chef bei ihr anruft und sich erkundigt, wo er bleibt. Weil sie von Anfang an ein komisches Gefühl hat, geht sie zur Polizei und stellt eine Vermisstenanzeige. Die Beamten versuchen, sie zu beruhigen, weisen auf das gerade laufende Hofer Bierfest hin. Feiert er vielleicht dort?

Wolfgang Hönle kommt weder in dieser Nacht heim noch in den folgenden Tagen. Sein Auto wird in der Nähe entdeckt. Und eine Frau, die sich bei der Polizei meldet, will ihn am Abend noch in der Nähe vom Bismarckturm gesehen haben. Doch die Spuren verwischen sich. Die Polizei durchkämmt die umliegenden Wälder, sucht mit Tauchern in Gewässern, versucht mit Helikoptern aus der Luft Hinweise zu bekommen. Vergeblich!

Annemarie R., die selbst eine Entführung ihres Freundes ins Kalkül zieht, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. „Ich habe keine Ahnung, was passiert sein könnte“, sagte sie zur AZ. Auffallend ist, dass von Wolfgangs Konto seit dem 8. Juni kein Geld mehr abgehoben wurde. Lebt er vielleicht gar nicht mehr? Mit dieser Frage musste sich Annemarie vor vier Wochen besonders krass auseinandersetzen. Die Kripo wollte die Adresse von Wolfgangs Zahnarzt wissen. Sein Zahnschema sollte mit dem Gebiss einer gefundenen Leiche verglichen werden. Es war ein anderer Mann. Doch die Angst, ihren Freund nie mehr wiederzusehen, ist geblieben. Helmut Reister