Freistaat zahlt Millionen für Luxus-Biergarten
In Seehofers Heimat hat Finanzminister Söder eine 2,4 Millionen Euro teure Brotzeitoase bauen lassen – auf Kosten der bayerischen Bürger: Dafür gibt es eine Rüge vom Obersten Rechnungshof
MÜNCHEN/INGOLSTADT Wer ko, der ko: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) dreht den Zapfhahn kräftig auf. Einen Luxus-Biergarten ließ er in der Heimat von Horst Seehofer bauen. Die Kosten für den Schutterhof: 2,4 Millionen Euro. Zahlen durfte die Brotzeitoase der Steuerzahler. Das prangert der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) in seinem Jahresbericht an.
„Hier präsentiert sich urbayerische Biergartenkultur in völlig neuem Gesicht“, lautet die Werbung für den Schutterhof mitten in Ingolstadt. Dem Freistaat als Bauherrn war dort das Feinste nur gut genug. Das Urteil der Rechnungshüter: „Unter Renditegesichtspunkten ist diese Investition unwirtschaftlich.“ Und: Es gebe keinen staatlichen Bedarf für die Errichtung eines Biergartens.
47 Zapfhähne, Edel-Bierbänke, vier Jahre Bauzeit
Im vergangenen Jahr wurde der Biergarten in der alten Festungsanlage von Ingolstadt eröffnet. Mit 800 Plätzen ist er einer der größten in Seehofers Gäu. Eine „neue Bastion“, werben die Wirtsleute. Durchzogen wird die von einem kleinen Bachlauf mit Stegen. Junge Kastanienbäume rahmen edel gezimmerte Bierbänke und Tische ein. Der Höhepunkt: eine 25 Meter lange Theke mit 47 Zapfhähnen.
Lange hatte der Freistaat nach einem privaten Investor für sein Projekt gesucht – aber keinen gefunden. So entschloss sich die Staatsregierung mit ihrer „Immobilien Freistaat Bayern“ selbst zu bauen. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gab es nicht. Zwischen den historischen Mauern befand sich zuvor ein Militärschwimmbad, in dem bayerische Pioniere das Schwimmen lernten. 1971 war es zugeschüttet worden. Anschließend ließ Bayern das Gelände verrotten.
Rechnungshof rügt absurde Verschwendung
Vier Jahre wurde am Sutterhof gebaut. Nach einem Pächter musste der Freistaat lange in ganz Deutschland suchen. Am Ende gab es einen einzigen Bewerber. „Ein ursprünglich an der Anpachtung interessierter Gastronomiebetrieb gab aus betriebswirtschaftlichen Gründen kein Gebot ab“, schreibt der ORH. Eine entsprechende Miete kann der Freistaat für das Millionen-Projekt nicht erzielen. Der jetzige Pächter zahlt nur eine Umsatzpacht.
Damit nicht genug. Die Baumaßnahmen hätten vom Landtag genehmigt werden müssen. Das Parlament aber wurde diskret umgangen, die Millionen aus den Bauunterhaltsmitteln abgezweigt. Der ORH aber geht von einem Neubau aus. Eine Endabrechnung liegt noch nicht vor.
Dafür lässt Söder weiter Bier auf Kosten der Steuerzahler fließen. Vor allem jetzt im Wahljahr. Am Montag führte er in seiner Heimatstadt Nürnberg eine neue Tradition ein: Den Anstich eines „Frankenbock“ mit viel Prominenz und Wolfgang Krebs als Ministerpräsidenten-Double auf der Bühne. Ganz nach dem Vorbild des Maibock-Anstichs in München.
Nur die Grünen boykottierten Söders Show. „Das gibt bestimmt schöne Bilder und die Zeche zahlt der Steuerzahler“, kritisiert die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Stamm. „Mit Staatsgeldern bezahlte Wahlkampfveranstaltungen gehen nicht in Ordnung.“ Und: „Das Hofbräuhaus steht nun mal in München. Dessen Gerstensaft für eine Wahlkampfshow nach Nürnberg zu karren, ist eben kein Brauch, sondern plumpes Theater auf Kosten der Bürger und Bürgerinnen.“
Aber nicht nur für den Biergarten rügten die Rechnungsprüfer die Staatsregierung, sondern auch ganz grundsätzlich: „Es wird zu viel ausgegeben und zu wenig gespart“, so ORH-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger. Der Schulden-Abbau werde ausschließlich aus Rücklagen und unerwarteten Steuereinnahmen finanziert. „Es kommen auch wieder schlechtere Zeiten.“ Dabei werde immer noch Geld verschwendet – zum Beispiel bei der Einführung des Digitalfunks, wo die Kosten aus dem Ruder laufen.