Frauentag wird in Bayern kein Feiertag

Der Internationale Frauentag am 8. März wird in Berlin ein gesetzlicher Feiertag, aber nicht in Bayern.
von  AZ/rom, Stefan Kruse
Sieht keinen Bedarf für einen "Frauen"-Feiertag in Bayern: Arbeitsministerin Kerstin Schreyer (CSU).
Sieht keinen Bedarf für einen "Frauen"-Feiertag in Bayern: Arbeitsministerin Kerstin Schreyer (CSU). © Peter Kneffel/dpa

München - Vor 100 Jahren war er ein Kampftag für das Frauenwahlrecht. In der DDR dann ein Jubeltag, an dem die Männer in den Betrieben ihre Kolleginnen mit Blumen, Speis und Trank verwöhnten. Der inzwischen weitgehend vergessene Internationale Frauentag (8. März) erlebt jetzt aber in Berlin Wiederauferstehung: Erstmals in einem Bundesland ist er ein gesetzlicher Feiertag. Das hat die rot-rot-grüne Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus gestern beschlossen.

Die Arbeitnehmer freut das natürlich. Warum sich Berlin den neuen Feiertag gönnt, ist aber nicht so recht klar. Offiziell wird der "Nachholbedarf" ins Feld geführt: Tatsächlich steht der Stadtstaat mit bisher neun Feiertagen am Ende des Bundesländervergleichs. Bayern hat 13, Baden-Württemberg zwölf.

Der 8. März war nicht unbedingt die erste Wahl

Doch die Umstände, wie es nun zum 8. März kam, sind kurios. "Schuld" daran sind die Nordländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen. Deren Regierungschefs trafen sich nämlich im vergangenen Februar und verkündeten anschließend, den Reformationstag am 31. Oktober zum Feiertag machen zu wollen. Bis dahin war das nur in den Ost-Ländern außer Berlin der Fall, 2017 war er zum 500. Reformationsgeburtstag einmalig bundesweit begangen worden.

Nach dem Vorstoß aus dem Norden hätten Journalisten bei ihm angerufen, sagt später Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD), und gefragt, wann seine Stadt nachziehe. "Und damit hatten wir die Feiertagsdebatte. Die wollte ich nicht. Die hätten wir aus eigener Kraft glaube ich auch nicht angefangen", so Müller. "Aber sie war dann auch nicht mehr wegzubekommen." Es folgten monatelange Diskussionen.

Die Kirchen plädierten für den Reformationstag am 31. Oktober, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg schlossen sich an. Der Beauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Tom Sello, warb für den 9. November als Tag des Mauerfalls – als Tag der Pogromnacht 1938 auch in negativer Hinsicht ein historisches Datum. Müller brachte in Erinnerung an die Märzrevolution 1848 den 18. März ins Spiel, Linke-Politiker den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus. Die SPD-Abgeordnete Iris Spranger startete eine Internet-Petition für den 8. März. Grüne schlugen vor, jeder solle seinen eigenen Feiertag wählen können, die CDU jährlich wechselnde Termine.

An Ideen mangelte es also nicht, jedoch an der Umsetzung. Mitte November schließlich platzte der Linken der Kragen. Die Parteispitze legte sich als Signal gegen die "Endlosdiskussion" überraschend auf den 8. März fest und setzte damit die Koalitionspartner SPD und Grüne unter Druck. Die kamen aus der Nummer nicht mehr heraus – und schlossen sich dem Terminvorschlag an. Nun also der 8. März als "Frauenkampftag", wie es Grünen- Fraktionschefin Silke Gebel formulierte. Ein Vorbild auch für andere Bundesländer, glaubt SPD-Politikerin Spranger. "Auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts gibt es in Deutschland keine Gleichberechtigung."

Berlins Wirtschaft blickt eher auf den schnöden Mammon und verweist auf praktische Probleme. Ein zusätzlicher Feiertag habe ein Minus beim Bruttoinlandprodukt von 0,3 Prozent zur Folge und koste Berlin 160 Millionen Euro, rechnet der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder, vor. "Ein ökonomisches Eigentor."

Die Wirtschaft findet den spontanen Feiertag gar nicht gut

Probleme bereitet Unternehmen laut IHK auch die kurze Frist zwischen Gesetzesbeschluss und Feiertag, weil Firmen ad hoc Lieferketten, Arbeitsprozesse und Dienstpläne ändern und anpassen müssen. Für bis zu 180 000 Berliner, die nach Brandenburg pendeln und am 8. März – einem Freitag – nicht frei haben, könnte der "Inseltermin" schwierig werden: Sie müssen wegen geschlossener Kitas und Schulen etwa eine Kinderbetreuung organisieren. 2020 fällt der 8. März übrigens gleich mal auf einen Sonntag.


Das sagt Bayerns Frauenbeauftragte

Sieht keinen Bedarf für einen "Frauen"-Feiertag in Bayern: Arbeitsministerin Kerstin Schreyer (CSU).
Sieht keinen Bedarf für einen "Frauen"-Feiertag in Bayern: Arbeitsministerin Kerstin Schreyer (CSU). © Peter Kneffel/dpa

Die AZ hat bei der Frauenbeauftragten der Staatsregierung, Kerstin Schreyer (CSU), nachgefragt. Was die Sozialministerin von der Idee aus Berlin hält und ob der Frauen-Feiertag auch in Bayern kommen könnte:

"Berlin gehört zu den Bundesländern mit den wenigsten Feiertagen. Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen, unsere Frauen zu ehren, die oft sehr viel Leistung für diese Gesellschaft erbringen. Gerade die älteren Frauen haben Kinder erzogen und dieses Land aufgebaut. Bei den jüngeren Frauen leisten viele oft ungewollt alleinerziehend ganz Großes für diese Gesellschaft. Ein Feiertag alleine hilft ihnen aber nicht.

Was sie brauchen, ist die Unterstützung in der Erziehungsphase zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und in der Phase, in der sie ihre Eltern versorgen. Außerdem brauchen sie im Alter eine vernünftige Rente. Ebenso brauchen sie Schutz vor Gewalt. Jeder Übergriff ist einer zu viel! Deshalb hat das Thema Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen für mich weiterhin oberste Priorität. Für einen weiteren Feiertag in Bayern sehe ich aktuell keinen Bedarf. Wichtiger ist, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Gleichbehandlung von Mann und Frau zur Selbstverständlichkeit wird."

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