Frauen-Quäler: Warum haben die Opfer es so lange erduldet?

Seine Ex-Freundin (26) schilderte vor dem Nürnberger Gericht die Beziehungs-Hölle in allen Einzelheiten.
von  Abendzeitung
Heiko W. (links sein Anwalt Thomas Drehsen) hörte sich die Aussage seiner Ex-Freundin mit stoischer Gelassenheit an.
Heiko W. (links sein Anwalt Thomas Drehsen) hörte sich die Aussage seiner Ex-Freundin mit stoischer Gelassenheit an. © Berny Meyer

NÜRNBERG - Seine Ex-Freundin (26) schilderte vor dem Nürnberger Gericht die Beziehungs-Hölle in allen Einzelheiten.

Warum machte sie nicht einfach Schluss? Diese Frage drängte sich Jedem auf, der am Mittwoch im Schwurgerichtssaal die schockierende Aussage von Beatrice B. (26, Name geändert) miterlebte. Die Studentin war drei Jahre lang mit Frauen-Quäler Heiko W. (27) befreundet – und wurde der Anklage zufolge gedemütigt, misshandelt, geschlagen und vergewaltigt. Den Ausstieg aus der Beziehungs-Hölle schaffte sie trotz allem nicht.

Die Anspannung der jungen Frau war unübersehbar. Als sie den Gerichtssaal betrat, blickte sie starr geradeaus, suchte Deckung hinter ihrem Anwalt Thomas Drehsen. Ihrem Peiniger, der links von ihr auf der Anklagebank saß, wollte sie auf keinen Fall in die Augen sehen.

Vor ihrer Aussage, die sich bis in die späten Nachmittagsstunden in die Länge zog, versuchte Staatsanwalt Simon Kroier dem Angeklagten mit der Aussicht auf ein milderes Urteil doch noch ein Geständnis abzuringen.

Verteidiger: „Dem Staatsanwalt fehlt die notwendige Distanz"

Doch bei Heiko W., der keine Mine verzog, biss er damit auf Granit. Dessen Anwalt Reinhard Lubojanski, einer der renommiertesten Strafverteidiger Nürnbergs, beobachtete die Szenerie mit sichtlichem Argwohn. Nach dem gestrigen Verhandlung sagte er zur AZ: „Dem Staatsanwalt fehlt die notwendige Distanz zum Opfer und zum Nebenkläger.“

Für Beatrice B. war ihr Auftritt im Zeugenstand wahrlich kein Zuckerschlecken. Mehrfach ging ihre Stimme in einem Tränenmeer und lautem Weinen unter. „Es war sehr schwer für sie, alle Demütigungen zu schildern. Sie wurde von der schlimmen Vergangenheit noch einmal eingeholt“, zog Anwalt Drehsen nach ihrer Aussage Bilanz.

Bei der Schilderung intimer Details wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Beatrice B. hatte eine einfache Erklärung dafür übrig, warum sie die Beziehung nicht beendete und sie selbst dann noch aufrecht erhielt, als sie zum ersten Mal vergewaltigt worden war: „Ich hatte schreckliche Angst vor ihm.“ Schon am Vortag hatten zwei andere Freundinnen des Angeklagten ähnlich argumentiert. Alle sprachen davon, dass er gedroht hätte, sie und Angehörige umzubringen.

Weil noch immer viele Fragen offen sind, muss Beatrice B. am Donnerstag noch einmal in den Zeugenstand. Helmut Reister

Warum sind mache Frauen nicht in der Lage, eine von Gewalt geprägte Beziehung zu beenden? Diese Frage beantwortet die Psychologin Kornelia Sames in der Printausgabe der Nürnberger Abendzeitung vom 7. Oktober.

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