Frankens größtes Kriminal-Rätsel

Der mutmaßliche Täter Ulvi K. (33) wurde zu lebenslanger Haft verurteilt – doch viele Menschen zweifeln auch zehn Jahre nach den tragischen Ereignissen an seiner Schuld. Wird der Fall neu aufgerollt?
von  Helmut Reister
Leuchtend blaue Augen, süßes Lächeln: So sah Peggy (9) aus, als sie vor zehn Jahren spurlos verschwand. In einem umstrittenen Indizienprozess wurde der geistig behinderte Ulvi K. zu lebenslanger Haft verurteilt.
Leuchtend blaue Augen, süßes Lächeln: So sah Peggy (9) aus, als sie vor zehn Jahren spurlos verschwand. In einem umstrittenen Indizienprozess wurde der geistig behinderte Ulvi K. zu lebenslanger Haft verurteilt. © AP, dpa

 

LICHTENBERG Am Samstag sind es genau zehn Jahre, dass die kleine Peggy (9) aus der oberfränkischen Gemeinde Lichtenberg (Kreis Hof) spurlos verschwand. Die Behörden haben die Akten dieses mysteriösen Kriminalfalls längst geschlossen. Doch das könnte sich bald ändern...

In einem spektakulären Indizienprozess wurde der geistig behinderte Gastwirtssohn Ulvi K. (33) drei Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens zu lebenslanger Haft verurteilt. Er soll Peggy ermordet haben, um eine vorangegangene Vergewaltigung zu vertuschen. Doch für viele bleibt der Fall Frankens größtes Kriminal-Rätsel. Viele Lichtenberger, die Ulvi K. kennen, können sich nicht vorstellen, dass er die Tat tatsächlich verübt hat. Mehr als 1000 Menschen unterstützen eine Bürgerinitiative, die für die Freiheit von Ulvi K. kämpft. Gudrun Rödel, Sprecherin der Initiative, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Dieses Urteil ist ein Skandal.“

Wurde das Geständnis erpresst?

Das Geständnis, das der Gastwirtssohn nach Dutzenden von Vernehmungen ohne Anwesenheit eines Anwalts bei der Kripo ablegte und später widerrief, ist höchst umstritten. Immer wieder geisterten Vorwürfe durch den Raum, die Vernehmungsbeamten hätten das Mordgeständnis mit unlauteren Mitteln erpresst. Mehrere Anzeigen gegen Kripobeamte wurden von der Staatsanwaltschaft jedoch nicht weiter verfolgt. In ein noch dubioseres Licht wurde der Fall im letzten Jahr getaucht. Einer der wenigen Zeugen, die Ulvi K. im Prozess schwer belastet und zu seiner Verurteilung beigetragen hatten, widerrief seine damalige Aussage (AZ berichtete exklusiv), dass der Behinderte auch ihm gegenüber ein Mordgeständnis abgelegt habe. „Ich habe mir dadurch eine vorzeitige Haftentlassung erhofft“, sagte er zur AZ.

Dieser Rückzieher könnte nach Einschätzung von erfahrenen Juristen zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen Ulvi K. führen. Auch Mario S. aus Heroldsberg, Peggys leiblicher Vater, kann sich mit dem fragwürdigen Urteil des Landgerichts Hof nicht recht anfreunden. Am Samstag (14.30 Uhr, Badesee Lichtenberg) veranstaltet er eine Gedenkfeier. In dem Aufruf heißt es: „Vermisste Kinder verdienen unsere Aufmerksamkeit und dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“

Warum ein Frankfurter Anwalt den Fall Peggy neu aufrollen möchte, lesen Sie in Ihrer AZ-Print-Ausgabe am Freitag, 6. Mai

 

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