Frankenberger ist nach Chaos-Wahl neuer ÖDP-Chef

Beim Nichtraucher-Volksentscheid hatte Sebastian Frankenberger polarisiert, für viele Raucher wurde er zur Hassfigur. Doch nach dem erfolgreichen Bürgervotum gegen den blauen Dunst macht Frankenberger Karriere: Seit Samstag ist er ÖDP-Bundesvorsitzender.
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Sebastian Frankenberger kämpft gegen das Rauchen in der Öffentlichkeit.
dapd Sebastian Frankenberger kämpft gegen das Rauchen in der Öffentlichkeit.

REGENSBURG - Beim Nichtraucher-Volksentscheid hatte Sebastian Frankenberger polarisiert, für viele Raucher wurde er zur Hassfigur. Doch nach dem erfolgreichen Bürgervotum gegen den blauen Dunst macht Frankenberger Karriere: Seit Samstag ist er ÖDP-Bundesvorsitzender.

Sebastian Frankenberger, der Initiator des bayerischen Nichtraucherschutz-Volksbegehrens, ist neuer Vorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). Der 29-jährige Passauer wurde am Samstag beim Bundesparteitag seiner Partei in Regensburg mit rund 71 Prozent der Stimmen gewählt. Die Wahl verlief allerdings chaotisch: Nachdem bei der Auszählung eine Urne mit einem Stapel von Stimmzetteln vergessen wurde, mussten die Delegierten nach einer Stunde erneut abstimmen.

Frankenberger erhielt im zweiten Durchgang 124 von 174 Stimmen und konnte sich so gegen zwei Mitbewerber durchsetzen. Frankenberger wurde durch die Organisation des Volksbegehrens gegen das Rauchen in der Gastronomie bundesweit bekannt. Im Juli hatten die Wähler im Freistaat bei einem Volksentscheid den Qualm aus allen Kneipen, Wirtshäusern und Volksfestzelten verbannt.

Frankenberger löst den 69-jährigen Klaus Buchner an der Spitze der ÖDP ab. Der Münchner Professor hatte nach siebeneinhalb Jahren als Vorsitzender nicht mehr kandidiert. Die thüringische ÖDP- Landesvorsitzende Susann Mai landete bei den Neuwahlen hinter Frankenberger mit 25 Prozent auf dem zweiten Platz, der bisherige Vorstands-Beisitzer Helmut Kauer kam auf 4 Prozent. Mai wurde dann zur Stellvertreterin Frankenbergers gewählt.

Direkt nach seiner Wahl forderte Frankenberger, dass in Deutschland eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden müsse. Durch die seit langem diskutierte Steuer würden zusätzliche Abgaben auf Börsen- und ähnliche Geldgeschäfte erhoben. Grundsätzlich brauche die Politik mehr Vordenker und Visionäre, sie müsse primär an künftige Generationen denken, forderte Frankenberger. «Wir brauchen die öko-soziale Marktwirtschaft.»

Frankenberger ist nicht umstrittenen. Manche werfen ihm vor, dass er einen gewissen Hang zum Selbstdarstellertum hat. So hat sich der 29-Jährige in seiner Heimatstadt Passau das Autokennzeichen «PA-O 2020» gesichert - eine Anspielung darauf, dass er im Jahr 2020 gerne Oberbürgermeister wäre. Frankenberger sagt zu solchen Aktionen, dass er gerne «mit Spaß polarisiere». Doch der selbstständige Fremdenführer gibt auch zu, dass ihn dieser Posten reizt: «Für mich ist Oberbürgermeister von Passau ein tolles Ziel, ein Traumjob.»

Die ÖDP hat bundesweit nach eigenen Angaben rund 6500 Mitglieder, davon mehr als 4000 allein Bayern. In etlichen ost- und norddeutschen Bundesländern spielt die Partei dagegen politisch keine Rolle, hat dort nur jeweils einige Dutzend Mitglieder. Frankenberger weiß, dass er nun insbesondere in diesen Bundesländern um weitere Zustimmung werben muss. «Ich werde in Zukunft möglichst omnipräsent sein, vielleicht brauche ich dann einen Dolmetscher», sagte er in Anspielung auf seinen deutlichen bayerischen Dialekt.

Ein Problem der ÖDP ist derzeit der Höhenflug der Grünen, von denen sie sich abgrenzen will. Auch Frankenberger bekam prompt eine kritische Frage, weil er im Vorfeld des Parteitags eine Zusammenarbeit mit den Grünen angekündigt hatte. Beim Parteitag versuchte Frankenberger zu verdeutlichen, dass die ÖDP sich beispielsweise beim Konzept für die Kindererziehung von den Grünen unterscheide. Da die ÖDP jegliche Parteispenden von Firmen ablehnt, betonte er auch: «Die Grünen nehmen genauso Konzernspenden wie alle anderen Parteien.»

Frankenberger will auch künftig hauptsächlich durch Volksbegehren Politik machen. Bei Wahlen auf Landes-, Bundes- und Europaebene sieht er hingegen mittelfristig für seine Partei nur wenig Chancen. «Ich bin Realist», sagte er dazu. Vorläufig sei es wohl nur in Bayern möglich, in den Landtag zu kommen. Dafür will die ÖDP insbesondere ihre kommunale Präsenz ausbauen, um dann nach Vorbild der Freien Wählen den Sprung in Maximilianeum zu schaffen. In Bayern hat die ÖDP derzeit nach eigenen Angaben 325 Vertreter in den Parlamenten der Städte und Landkreise.

dpa

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