Fränkin (70) opfert sich für ihre Familie auf

Anneliese Stelzer pflegte ihre Eltern, den schwerkranken Ehemann und kümmert sich seit fast 40 Jahren um den behinderten Sohn. Jetzt bekam sie das Bundesverdienstkreuz
von  Abendzeitung
Sie hat unglaubliche Schicksalsschläge gemeistert: Anneliese Stelzer (70) bekam jetzt für ihren Einsatz von Innenminister Joachim Herrmann das Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht.
Sie hat unglaubliche Schicksalsschläge gemeistert: Anneliese Stelzer (70) bekam jetzt für ihren Einsatz von Innenminister Joachim Herrmann das Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht. © AZ

Anneliese Stelzer pflegte ihre Eltern, den schwerkranken Ehemann und kümmert sich seit fast 40 Jahren um den behinderten Sohn. Jetzt bekam sie das Bundesverdienstkreuz

WILBURGSTETTEN „Was soll ich klagen?“ Diesen Satz hat Anneliese Stelzer schon oft in ihrem Leben gesagt – und gelächelt. Dabei hätte die inzwischen 70-Jährige aus Wilburgstetten (Kreis Ansbach) allen Grund zu jammern. Der betagte Vater, der kranke Ehemann, die 90-jährige Mutter und seit fast 40 Jahren den schwerstbehinderten Sohn – sie alle pflegte und pflegt die Fränkin. Es ist ein Leben für andere, für das sie jetzt mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde...

Dieser Tage fuhr ein Audi A6 vor dem Haus der Familie vor. Anneliese Stelzer wurde von einem Chauffeur abgeholt und nach Ansbach gebracht. Dort steckte ihr Innenminister Joachim Herrmann den Orden an und lobte den aufopferungsvollen und selbstlosen Einsatz bei der Pflege ihrer Verwandten. „Es war ganz schön feierlich“, sagte die Geehrte danach beeindruckt – auch wenn sie der Meinung ist, „dass doch alles selbstverständlich ist, was ich mache.“

Häufung von Schicksalsschlägen

Doch das ist ganz schön viel – denn in der Familie häuften sich früh die Schicksalsschläge: 1961 wurde Sohn Werner geboren. Als das Kind drei Monate alt ist, merkten die Eltern, dass etwas nicht stimmt. Er konnte nichts greifen. Die niederschmetternde Diagnose: spastische Lähmungen, Werner muss intensiv betreut werden. Vier Jahre später ist Anneliese Stelzer wieder schwanger – sie bringt ein gesundes Mädchen zur Welt.

Das Glück jedoch währt nicht lange: 1973 wird ihr Mann bei einem Arbeitsunfall schwerst verletzte, danach erleidet er noch einen Schlaganfall und stirbt 1992. Auch ihren Vater pflegt sie bis zu seinem Tod im Jahr 2004. Anneliese Stelzer nimmt alles hin, erzieht neben der Pflege der Angehörigen die Tochter.

Übermenschliche Last

„Die Last, die sie bei der Pflege täglich trägt, ist fast übermenschlich“, sagt Marlene Tremel, VdK-Vorsitzende in Wilburgstetten, die die 70-Jährige für die Ehrung vorgeschlagen hat. Sohn Werner (39) ist inzwischen blind. Er kann nichts alleine machen, muss dreimal die Woche zur Dialyse. Dazu kommt die Pflege der inzwischen 90-jährigen Mutter.

Letztes Jahr dann der große Schock: Anneliese Stelzer wurde selbst krank – Krebs! Kurzzeitig konnte sich die Tochter, die inzwischen als Lehrerin in einer Behindertenschule arbeitet, vom Dienst freistellen lassen und kümmerte sich um Bruder und Oma, während die Mutter im Krankenhaus war.

Zweimal lehnte sie die Ehrung schon ab

Doch schnell wurde Anneliese Stelzer wieder gesund – sie wollte und sie musste, ihre Familie brauchte sie. Nur selten hat die tapfere Frau einen Durchhänger: „Ich kann bald nicht mehr“, vertraute sie sich einmal einer Bekannten an. Doch daran, ihren Sohn ins Heim zu geben, will sie nicht denken: „So lange ich kann, bleibt der Werner bei mir – das ist selbstverständlich!“

Dass sie jetzt für ihre unermüdliche Arbeit geehrt wurde, findet die tapfere Frau ein wenig befremdlich – zweimal lehnte sie sogar schon ab: „Es gibt viele Menschen, die es machen wie ich – das ist doch normal!“

Andrea Uhrig

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