Forschungsreaktor in Garching steht still

Der Forschungsreaktor in Garching ist seit seinem Start umstritten: Forscher loben die Möglichkeiten für Wissenschaft, Medizin und Industrie, Atomgegner kritisieren die Verwendung hochangereicherten Urans. Jetzt ist er außer Betrieb. Die Gründe liegen in Frankreich.
von  dpa
Der Forschungsreaktor FRM II in Garching. Foto: Inga Kjer/Archivbild
Der Forschungsreaktor FRM II in Garching. Foto: Inga Kjer/Archivbild © dpa

München (dpa/lby) - Der Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München steht mangels neuer Brennelemente seit März still. Hintergrund seien Schwierigkeiten beim Transport neuer Brennelemente aus Frankreich, sagte Anke Görg, Sprecherin für den FRM II an der Technischen Universität München (TUM), am Donnerstag. "Wir warten auf die Lieferung."

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuerst darüber berichtet und sich auf die Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Sylvia Kotting-Uhl berufen. Französische Behörden hätten sonst übliche Sondergenehmigungen nicht ausgestellt, heißt es darin. Deshalb sei der Betrieb des Reaktors "derzeit nicht möglich". Der FRM II ist wegen der Nutzung hochangereicherten Urans umstritten. Atomgegner sprechen von waffenfähigem Material.

Mit dem Stillstand ruht neben der Forschung auch die Produktion von Radioisotopen und Radiopharmaka. "Wir können den Markt derzeit nicht versorgen", sagte Görg. Bestimmte Radioisotope - etwa zur Krebsdiagnostik - können nur an Forschungsreaktoren hergestellt werden. Der FRM II als eine der leistungsstärksten Neutronenquellen weltweit und wird von Wissenschaftlern und Industriekunden genutzt.

Wann der Transport der neuen Brennelemente stattfinden kann, ist offen. Ein "Zeithorizont für eine Lösung" sei nicht bekannt, zitierte die "SZ" das Bundesforschungsministerium, das vor einem längeren Stillstand warnte: Dieser könne "das Vertrauen der Nutzer in die verlässliche und planbare Verfügbarkeit der Anlage für die Spitzenforschung nachhaltig gefährden". Görg sagte, im schlimmsten Fall müssten Wissenschaftler an Forschungsreaktoren im Ausland ausweichen. Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Lieferung neuer Brennelemente noch in diesem Jahr erfolgen werde.

Atomgegner und Grüne begrüßten die Zwangspause - und riefen dazu auf, sie zur Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran zu nutzen. Die Atomaufsichten in Bayern und auf Bundesebene müssten dafür sorgen, dass der Reaktor in Garching solange stillstehe, bis die Umrüstung erfolgt sei, verlangte Philip Bedall vom Umweltinstitut München. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler sagte, die Umrüstung sei technisch möglich "und vor allem dringend notwendig".

Laut Genehmigungsbescheid sollte der 2004 in Betrieb gegangene Reaktor bis 2010 auf niedrig angereichertes Uran umsteigen. 2018 wurde aber die Verwendung des hochangereicherten Brennstoffs verlängert - mit der Begründung, es gebe keine qualifizierte und verfügbare Alternative. Dieses Jahr stehen erneut Gespräche an. Laut TUM ist das hochangereicherte Uran unabdingbar für diverse medizinische Anwendungen, aber auch in der Forschung. Der hohe Neutronenfluss sei nur damit zu erreichen.

Möglicherweise könnte dieses Jahr erstmals seit der Inbetriebnahme des FRM II ein Transport mit abgebrannten Brennelementen ins Zwischenlager Ahaus rollen. Ein Termin ist aber offen.

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