Folgen des Asylstreits: Wird Söders Wahlkampf jetzt ruhiger?

Der Ministerpräsident ist ein Wahlkämpfer, der schwer an sich und seinen Umgangsformen arbeitet. Er sucht die Nähe zu oberbayerischen Stammtischen - eckt mit seinem Geltungsdrang aber an.
von  Ralf Müller
Markus Söder betrachtet in der Ausstellung "Bayerns Gold" in Nürnberg den Aufsatz für beide Münchner Krönungswagen (von 1813).
Markus Söder betrachtet in der Ausstellung "Bayerns Gold" in Nürnberg den Aufsatz für beide Münchner Krönungswagen (von 1813). © Daniel Karmann/dpa

München - Der Pulverdampf des Scharmützels zwischen CSU und CDU, zwischen Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel, hatte sich noch längst nicht verzogen, da sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder etwas Ungewöhnliches: "Wir müssen auch auf unsere Umgangsformen achten." Erstaunlich auch deshalb, weil es aus dem Munde von jemandem kam, der für seine gediegenen Umgangsformen bisher nicht bekannt ist.

Markus Söder lernt dazu - im Eiltempo. Und das muss er auch. Unerwartet für die CSU-Oberen kam zum Höhepunkt des Schwesternzoffs die von Demoskopen erfragte Erkenntnis heraus, dass die Aktion "Zurückweisung um jeden Preis" der CSU nicht geholfen, sondern eher geschadet habe.

Denn so gerne der CSU-Wähler die Tür vor weiteren Asylbewerbern möglichst verschließen möchte, so sehr missfallen ihm Parteiengezänk. Bürgerliche Wähler schätzen Ruhe, Ordnung und Anstand.

Die Bemerkung zu den Umgangsformen hat Söder aber wohl nicht nur auf den Streit mit der Schwesterpartei bezogen, sondern womöglich auch ein wenig auf sich selbst.

Schon lange bevor Seehofer ihm nach langem Zögern und Taktieren widerwillig Platz in der Staatskanzlei gemacht hat, hatte Söder an sich gearbeitet. So wie ehedem Edmund Stoiber vom "blonden Fallbeil" von Franz Josef Strauß zum Landesvater mutierte, ließ Söder seine Vergangenheit als rüpeliger Generalsekretär hinter sich, den Ex-SPD-Landeschef Florian Pronold einmal ein nicht weniger rüpeliges "Jeden Tag blöder - Markus Söder" hinterher geworfen hatte.

Doch ebenso wenig wie Stoiber zu 100 Prozent ein Paulus werden konnte (und wollte), wuchs Söder bisher in die Rolle eines milden Landesvaters hinein. Das will er auch gar nicht und das wird er auch nie werden, zumal er selbst seine Amtszeit auf zehn Jahre begrenzen will. Das böse Wort vom "Asyltourismus", das Söder in den Mund nahm, zeigt, dass der scharfmacherische Generalsekretär immer noch präsent ist. Er darf nur nicht mehr so oft raus.

Mit dem Satz "Das gibt es nur in Bayern" vergrault Söder Wähler

Auf Kraftmeiereien mag Söder aber nicht verzichten. Der protestantische Franke glaubt fest daran, dass mit der "Mia san mia"-Rhetorik die Lufthoheit insbesondere über den oberbayerischen Stammtischen zu gewinnen wäre.

Wobei er vergisst, dass im großstädtischen Publikum die Zahl derer, denen die weiß-blaue Großmannssucht gehörig auf den Senkel geht, ständig wächst. Mit der penetranten Wiederholung von Sätzen wie "Das gibt es nur in Bayern" ärgert er die Wahlberechtigten eher, weil diese noch nicht der Meinung sind, dass man ohne Bescheidenheit weiter kommt.

Söder lernt schnell und ist flexibel. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass er die Krawallbürste für den Rest des Wahlkampfs zur Landtagswahl endgültig beiseite legt. Seine Erleichterung nach dem Asyl-Kompromiss war nicht gespielt. Was nichts daran änderte, dass er vorher zu denen in der CSU gehörte, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am erbittertsten aufs Korn nahmen.

Dass der Nürnberger bei seinen öffentlichen Auftritten, die er in rekordverdächtiger Zahl absolviert, gut ankommt, müssen auch die politischen Gegner einräumen. Eloquent, humorvoll und mit einem Schuss Selbstironie kann er fast jedes Publikum für sich einnehmen.

Parteifreunde haben Söder denn auch geraten, möglichst viel zum Volk zu gehen. Das könne dann feststellen, sagte ein Söder-Intimus, "dass er gar nicht so schlimm ist".

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