Flüchtlingsdebatte: So stellt sich die CSU die Asylzentren vor
Die CSU will alle neu in Deutschland ankommenden Asylbewerber auf wenige Zentren verteilen, bis ihre Verfahren entschieden sind. Wie realistisch ist das?
Nürnberg - Neben einer Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen auf maximal 200.000 Menschen pro Jahr will die CSU auch das System der Verteilung und Unterbringung verändern. Mit der CDU einigte sich die Partei auf das Ziel, Flüchtlingszentren einzuführen. Neu ankommende Asylbewerber sollen demnach in sogenannten "Entscheidungs- und Rückführungszentren" bleiben, bis ihr Verfahren beendet ist. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg sowie in Heidelberg (Baden-Württemberg). Falls Anträge abgelehnt werden, sollen die Betroffenen von dort aus abgeschoben werden.
Was ist die Idee dahinter? Nach Vorstellung der CSU sollen alle Asylbewerber so lange in den Zentren bleiben, bis klar ist, ob sie bleiben dürfen oder nicht. Vor Abschluss ihres Asylverfahrens sollen sie also nicht auf die Kommunen verteilt werden. Damit würden die Verfahren beschleunigt, argumentiert die CSU, und es werde verhindert, dass Menschen abtauchen und sich so einer Abschiebung entziehen. Als 2015 die Zahl der Zuwanderer immer weiter stieg, wurde ein solches Modell bereits in Bayern praktiziert.
Wie läuft es in den bestehenden Zentren? In Bamberg, Manching bei Ingolstadt, Deggendorf und Regensburg gibt es sogenannte besondere Aufnahmeeinrichtungen. Dazu hat der Freistaat Bayern mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Vereinbarung geschlossen. Demnach wird vor allem bei Antragstellern aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten wie etwa Albanien oder dem Kosovo ein beschleunigtes Verfahren betrieben. Diese Asylbewerber sind verpflichtet, bis zur Entscheidung und sogar bis zur Ausreise oder Abschiebung in der Aufnahmeeinrichtung zu bleiben. In Bamberg sind von den inzwischen mehr als 6.000 registrierten Menschen trotzdem mehrere hundert untergetaucht - meist nach der Ablehnung.
Wie unterscheidet sich Heidelberg davon? In Heidelberg steht eines der deutschlandweit rund 25 sogenannten Ankunftszentren des BAMF. Auch hier werden neue Flüchtlinge registriert, untersucht und sie stellen ihren Antrag. Danach werden aus Heidelberg aber viele Menschen auf Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Baden-Württemberg verteilt.
Auch die Idee der Ankunftszentren war, alle Schritte des Asylverfahrens unter einem Dach zu bündeln: Von der ärztlichen Untersuchung durch die Länder, über die Aufnahme der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Zudem sollten die Zentren bei extrem hohen Zugangszahlen eine Verteilungs- und Selektionsfunktion übernehmen. Einfache Fälle - aus sicheren Herkunftsstaaten oder mit hoher Bleibechance wie bei Syrern - sollten auf diese Weise schnell entschieden sein. Nur die schwierigen Fälle sollten auf Außenstellen des BAMF verteilt werden. Inzwischen werden auch in den Ankunftszentren Anträge aus mehr Ländern bearbeitet, weil die Zahl der Flüchtlinge gesunken ist.
Wie viele Zentren nach CSU-Vorstellung müsste es geben? Die CSU hat sich bisher nicht zu einer konkreten Zahl geäußert. Auch wo die Zentren entstehen sollen, ist unklar. Geht man von einer Zuwanderung von 200.000 Menschen aus und der bisher bestehenden Zahl von 25 Ankunftszentren müsste in jedem Zentrum Platz für eine hohe vierstellige Zahl von Menschen geschaffen werden. Ob die betroffenen Städte davon begeistert wären, ist zumindest fraglich. In Bamberg beispielsweise - wo eine der größten Aufnahmeeinrichtungen in Bayern steht - war bereits der Widerstand gegen den Ausbau auf 3.400 Plätze immens. Auch in Heidelberg wird kein "Abschiebezentrum" entstehen. Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) sagte, die Neckarstadt brauche das Gelände für Wohnraum und habe mit der Landesregierung bereits die Schließung der Einrichtung im kommenden Jahr vereinbart. In der früheren US-Kaserne sind etwa 2.200 Flüchtlinge untergebracht.
Was würden solche Zentren für die Integration bedeuten? Kritiker sind überzeugt, dass große Einrichtungen Integration verhindern. Die Menschen lebten hier monate- bis jahrelang und hätten kaum Kontakt zur deutschen Bevölkerung. Dabei blieben viele Flüchtlinge tatsächlich langfristig hier. Traumatisierte Menschen würden leicht übersehen. Zudem gibt es in großen Einrichtungen häufiger Konflikte unter den Bewohnern. "Lager dieser Größenordnung machen krank", sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl. Damit seien Zentren schlecht für die Flüchtlinge, und auch für die Gesellschaft. Das Ziel sei bloße Abschreckung: Indem man die Lebensbedingungen hier "so schlecht gestaltet, dass man die Leute zur freiwilligen Ausreise bringt". Völlig offen sei auch die Frage, was mit Asylbewerbern passiere, deren Verfahren nicht schnell entschieden werden kann. Bis zu einem rechtskräftigen Gerichtsurteil nach einer ablehnenden Entscheidung des BAMF dauere es zum Teil eineinhalb Jahre.
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