Firmenchef aus Bayern will endlich in Ruhestand – doch findet seit acht Jahren keinen Nachfolger
Straubing - In Rot-Gelb, Rot-Orange und Gelb-Grün ziehen die Fruchtgummiwürmer auf dem Förderband vorbei. An dessen Ende fallen sie in eine Sortiermaschine, von dort weiter in Plastikbeutel, die zum Schluss von Hand in Kartons gepackt werden. Eine Halle weiter stehen diese Kartons palettenweise zur Auslieferung bereit.
Georg Rösner beugt sich zu den aufgeklebten Lieferscheinen hinunter und liest vor: "Diese Palette geht nach Frankreich, die nach Dänemark und die nach Belgien." Rösner ist 73 und Gründer der gleichnamigen Vertriebsgesellschaft für Bio-Süßwaren mit Sitz in Straubing. In seinem Alter genießen andere längst den Ruhestand. Das würde Rösner auch gerne, aber da gibt es ein Problem.

Rösner sucht bereits seit acht Jahren einen Nachfolger
Mit dem Wort "ernüchtert" beschreibt der Inhaber seine Gefühlslage, wenn er auf das Thema Firmennachfolger zu sprechen kommt.
Bereits seit acht Jahren ist er auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten. Eigene Kinder hat er nicht, sein Neffe und seine Nichten seien in anderen Branchen tätig.

Er habe alles versucht, sagt der 73-Jährige. Er habe über den Verband, die Industrie- und Handelskammer und die Fachpresse gesucht. Sogar den Bayerischen Rundfunk habe er sich ins Haus geholt, damit über seine Situation berichtet wird.
Es sei nicht so gewesen, dass es keine Interessenten gegeben hätte. Auf 60 Anfragen habe es sich summiert. Aber in den meisten Fällen sei es immer dasselbe gewesen: Den Interessenten habe es an Fachkompetenz gefehlt und es wolle keiner mehr unternehmerische Verantwortung übernehmen. Rösner will sein Lebenswerk aber in guten Händen wissen.
Eigentlich wollte er Lehrer werden
Eine eigene Firma führen, war zunächst nicht in Rösners Lebensplan vorgesehen. Eigentlich wollte er Gymnasiallehrer für Sport, Biologie und Chemie werden. Nach dem Referendariat stand er aber jahrelang auf der Warteliste für eine Festanstellung.
Irgendwann war er das Warten leid, sattelte auf Groß- und Außenhandelskaufmann um und stieg in den 80er Jahren in den Saatenhandel seines Großvaters in Straubing ein. 1986 machte sich Rösner selbstständig und gründete seine Vertriebsgesellschaft für Bio-Saaten, 1996 spezialisierte er sich auf Bio-Süßwaren.
Am Anfang gab's drei Sorten Gummibärchen
Rösner startete seine Geschäfte damals mit drei Sorten Gummibärchen. Pro Jahr ließ er davon 25 bis 30 Tonnen produzieren. Heute umfasst seine Produktpalette 16 Sorten Fruchtgummi, außerdem Marshmallows, Lakritz und Schokolinsen.
Darunter auch zuckerreduzierte, gluten- und laktosefreie sowie vegetarische und vegane Sorten.
"Man merkt, dass die Leute aufs Geld schauen"
Ihren Fruchtgummi-Produktions-Spitzenwert habe die Firma während der Pandemie mit 880 Tonnen in einem Jahr erreicht. Aktuell seien es 800 Tonnen. "Man merkt, dass die Leute wegen Inflation und Co. aufs Geld schauen und eher zu niedrigpreisigen statt hochpreisigen Produkten greifen", so Rösner.

18 Mitarbeiter hat die Firma. Am Sitz in Straubing wird die Ware verpackt, Maschinen zur Herstellung stehen dort nicht. Seine Fruchtgummis lässt Rösner beim Unternehmen Trolli in Neunburg vorm Wald (Kreis Schwandorf) produzieren. Auch für seine Lakritze, Marshmallows und Schokolinsen hat der 73-Jährige jeweils Lohnfertiger.
Die Produkte gibt es auch bei großen Supermarktketten
In 15-Kilo-Kartons kommt die Ware von dort nach Straubing, wo sie auf Abpackstraßen gekippt, sortiert, abgewogen und in Tüten verpackt wird. Rösners Eigenmarken wie etwa Ökovital und Eco-Vital gibt es in Biofachmärkten zu kaufen. Seine Produkte findet man auch bei großen Supermarktketten und Reformhäusern - dann aber unter deren eigenen Markennamen.
Rösner exportiert nach Australien, Kanada und Südkorea
Die Süßwaren gehen von Niederbayern aus nicht nur an Kunden im deutschsprachigen Raum, sondern auch in mehr als 30 weitere Länder, darunter Australien, Kanada und Südkorea. Zuletzt erwirtschaftete die Firma einen Umsatz von acht Millionen Euro.
Der Firmeninhaber gehört eigenen Angaben zufolge mit seiner Firma zu den Pionieren und Marktführern bei Bio-Fruchtgummi in Deutschland. Den guten Ruf seiner Firma soll ein potenzieller Käufer zu schätzen wissen. Geärgert hat sich Rösner deshalb über teils unverschämte Angebote. Ein Interessent habe ihm 50. 000 Euro für die Firma geboten.
Ohne Nachfolger werde er seinen Betrieb liquidieren müssen. Ein kleines bisschen Hoffnung auf einen würdigen Interessenten hat er noch.
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