Firmament der Phantasie

Merkwürdig attraktiv: Eine Werkschau des Nürnberger Bildhauers Bernd Klötzer in Erlangen
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Eine Bodenskulptur Klötzners.
Berny Meyer Eine Bodenskulptur Klötzners.

Nürnberg - Merkwürdig attraktiv: Eine Werkschau des Nürnberger Bildhauers Bernd Klötzer in Erlangen

Die Klaviatur des Kreises, die Bernd Klötzer hier vorführt, ist erstaunlich, der Besucher darf – pardon – Bau-Klötzer staunen: In der Städtische Galerie Erlangen präsentiert der Nürnberger Plastiker, mittlerweile auch schon 67 Jahre alt, eine „Form von Retrospektive“, festgemacht an der „Rundform“, an Spiralen, Scheiben, Reifen, Ringen, Gestirnen. Ein ganzes Firmament der Phantasie, entstanden in knapp vier Jahrzehnten, und in dieser Form noch nie gezeigt. Nicht einmal in der Kunsthaus-Ausstellung vor 12 Jahren, wo sich Klötzer letztmals in größerem Umfang präsentieren konnte.

„Ich gebe ein paar Anordnungen, und das Material macht alles für sich“, erklärt er sein Arbeitsprinzip vom „Eigengestalten des Materials“. Dessen Eigensinn greift der Bildhauer, der durch seine physikalischen und chemischen Versuchsanordnungen den Verdacht spöder Minimal Art spielerisch zur Seite drückt, dann auch auf. Weil bei zwei Halbkreisen aus Ton und Eisen der Lehm im Brennofen brach, schnitt Klötzer nachträglich das Eisen analog in Teile: Das Material ist stärker als jedes Harmoniestreben.

Die Zeichnungen und Skulpturen an Wand und Boden leben von dieser stillen Nachdenklichkeit, die der Mathematik als staunenswerter Prozess vorangestellt sind. In den 70er Jahren experimentierte Klötzer mit der Oxydation von aufblühendem Stahl. Müllbinden sind den handgreiflichen Mutationen geblieben, wie fransende Heiligenscheine umflammen sie rostende Reifen.

Dem Herrn der Ringe geht es immer um Wirklichkeit und Wirkung, um Schwerkraft und Schwerelosigkeit, um Balance und Proportionen, um Knicke im Runden. Der Stahlreifen, der Graphit-Spuren auf der Wand hinterlassen, wird – zwischen zwei imposante Nägel geklemmt – zur Ellipse gedrückt, der auf einem Nagel balancierende Eisenstab fordert den Längenvergleich zum Gummischlauch heraus, eine gerollte Gummiplatte geht in „Entsprechung“ unter einer gleich schweren Eisen-Ronde in die Knie und ein Vierkanteisen streckt sich durchs Rundschmieden länger als sein gleichgewichtiges Partner-Rundeisen. Merk-würdig, meditativ, auch melancholisch ist vieles bei dieser Kunst, die konsequent in sich ruht. Und hinter dem Berechnenden Poesie erlaubt. Ob nun Kreise auf Transparentpapier wie Planeten ihre Bahnen ziehen oder eine vergoldete Stahl-Ellipse wie das Goldene-Schnitt-Schwesterlein zum schwarzen Beinahe-Vollmond dahinter erscheint. Andreas Radlmaier

Städtische Galerie Erlangen (Luitpoldstr. 47): Bernd Klötzer – Rundform retrospektiv. Bis 31. 8., Di-Fr 11-19, Sa/So 11-18 Uhr. Begleitbroschüre: 15 Euro

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