Fiasko in der Oberpfalz: Das könnte der Region nach Trumps Sieg drohen

Während seiner ersten Amtszeit wollte der Republikaner US-Soldaten aus Bayern abziehen. Jetzt ist Trump offiziell der 47. Präsident der USA. Was droht Bayern an den Standorten der US-Armee?
von  Alexander Spöri
Im Norden von Bayern verbindet der große Nato-Truppenübungsplatz in Grafenwöhr Deutschland mit den Vereinigten Staaten. Doch wie es dort genau weitergeht, hängt auch davon ab, wer das neue Staatsoberhaupt in den USA wird.
Im Norden von Bayern verbindet der große Nato-Truppenübungsplatz in Grafenwöhr Deutschland mit den Vereinigten Staaten. Doch wie es dort genau weitergeht, hängt auch davon ab, wer das neue Staatsoberhaupt in den USA wird. © piemags/imago

München - Mit Spannung haben die Menschen in bayerischen Städten und Gemeinden im Norden der Oberpfalz den Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA verfolgt. Der Sieg von Donald Trump könnte spürbare Auswirkungen auf die wirtschaftlich eher schwache Region haben.

In Grafenwöhr – auf einem der größten Nato-Truppenübungsplätze Europas – sind rund 13.000 US-Soldaten und fast 2000 deutschen Bedienstete zu Hause. Schon vor vier Jahren verkündete ihnen der damalige Präsident Trump eine Hiobsbotschaft.

Auswirkungen der US-Wahlen auf Bayern: Donald Trump ordnete vor vier Jahren den Abzug von 9500 US-Soldaten an

Der Republikaner ordnete im Jahr 2020 den Abzug von 9500 in Deutschland stationierten US-Soldaten an. In der Oberpfalz schockierte die Ankündigung Politiker und Einheimische, die auf dem Truppenübungsplatz angestellt waren. Und das nicht ohne Grund. Donald Trumps Vorhaben hätte massive Folgen für die Region gehabt.

Immerhin ist fast jeder Zweite hierzulande stationierte US-Soldat hinter den Drahtzäunen in der militärischen Sperrzone zwischen den kleinen Städten Grafenwöhr und Vilseck tätig.

Auf dem 22.000 Hektar großen Areal probt das US-Militär den Ernstfall. Auch Soldaten der Ukraine werden dort ausgebildet.
Auf dem 22.000 Hektar großen Areal probt das US-Militär den Ernstfall. Auch Soldaten der Ukraine werden dort ausgebildet. © imago

Zahlreiche Experten stempelten Trumps Plan als strategisches Manöver ab: Er hätte den Druck auf Deutschland erhöhen wollen, damit das Land mehr Geld für die Verteidigung ausgibt, hieß es immer wieder. Letztlich nahm dann sein Nachfolger Joe Biden die Pläne zurück.

Wegen 100-Millionen-Sondervermögen: Debatte um Nato-Ziel könnte wieder entbrennen

Jetzt könnte die Debatte erneut entbrennen. Mittlerweile erfüllt Deutschland zwar das Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die eigene Verteidigung zu investieren. Doch 2025 könnte der Staat schon wieder unter die Marke fallen.

Geknackt wird sie streng genommen heuer nur durch hohe Beträge aus dem für die Bundeswehr aufgelegten 100 Millionen Euro schweren Sondervermögen. Da ein großer Teil davon allerdings fast vollständig veranlagt wird, sieht es in den nächsten Jahren voraussichtlich wieder schwarz aus.

Der republikanische Vizekandidat J. D. Vance stellte das Thema bereits vergangene Woche beim TV-Sender NBC wieder in den Mittelpunkt: "Das Problem ist, dass vor allem Deutschland mehr für die Sicherheit und Verteidigung ausgeben muss." Ob der Militärstandort in Grafenwöhr dann erneut zum Spielball der Weltpolitik wird, könnte davon abhängen, ob Trump erneut ins Weiße Haus einzieht. Wenn es so kommt, wären die Auswirkungen groß.

CSU-Bauminister Christian Bernreiter: "Ich hoffe auf Erhalt der Stationierung"

Das ist auch Bayerns Bauminister Christian Bernreiter bewusst. Über das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach verbaut der CSU-Politiker mit seinem Ministerium Investitionen der US-Amerikaner in Höhe von 650 Millionen Euro.

Christian Bernreiter (CSU), Bau- und Verkehrsminister von Bayern.
Christian Bernreiter (CSU), Bau- und Verkehrsminister von Bayern. © Rolf Vennenbernd/dpa

"Für die Bayerische Staatsregierung ist der Verbleib der amerikanischen Streitkräfte in Bayern ein wichtiges Anliegen", sagt Bernreiter zur AZ. "Ich hoffe daher auch nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten auf eine starke Partnerschaft und den Erhalt der Stationierung."

700 Millionen Euro Wirtschaftskraft: "Strategisch wäre das die völlig falsche Entscheidung"

Fast schon gewöhnt ist man die Debatte über das mögliche Aus des Truppenübungsplatzes wiederum in der Stadt Vilseck: "Wenn man mit hohen Militärs spricht, dann kann man aber nicht innerhalb eines oder zwei Jahren Tausende Soldaten in die USA heimholen", sagt der Bürgermeister Hans-Martin Schertl (Freie Wähler) zur AZ.

"Strategisch wäre das auch die völlig falsche Entscheidung, wenn man die derzeitige politische Lage in Europa sieht." Sollte es jedoch tatsächlich zu einer Schließung des Standorts kommen, dann wäre Schertls Stadt besonders betroffen. "Die gesamte Wirtschaftskraft, die jährlich vom Truppenübungsplatz ausgeht, liegt bei 700 Millionen Euro", so der Politiker.

Davon fließen über die Gewerbesteuer hohe Summen in die Kassen der Städte. So verzeichnete Vilseck – mit nur knapp 7000 Einwohnern – letztes Jahr einen Haushalt von 30 Millionen Euro. "Das ist ein wirklich enormer Wirtschaftsfaktor, der nicht nur Grafenwöhr oder Vilseck, sondern die ganze Region in der nördlichen Oberpfalz betrifft."

Fast 2000 deutsche Angestellte: Nicht nur die US-Soldaten würde ein Abzug treffen

Laut Alexander Gröbner, Bezirksgeschäftsführer von Verdi, wären die Folgen eines Truppenabzugs gewaltig. Denn die 22.000 Hektar große Militärbasis ist praktisch ein kleiner Mikrokosmos: Dort gibt es eigene US-amerikanische Supermärkte, Tankstellen, Werkstätten, Sportvereine, Schulen, Restaurants und Hotels. Fast 2000 deutsche Angestellte sind im Areal tätig.

Mit den Familien und Angehörigen der Soldaten ist die US-amerikanische Gemeinschaft auch außerhalb des Truppenübungsplatzes groß. Insgesamt leben in Grafenwöhr fast fünfmal so viele Amerikaner wie Einheimische. "Die Menschen sind in der Region unterwegs und geben in Kneipen, Bäckereien und beim Metzger Geld aus", sagt Gröbner zur AZ

Historisches Ambiente: Besondere Kultur in Grafenwöhr verbindet USA mit Deutschland

Entstanden ist dabei eine besondere Beziehung zwischen Einwohnern und Soldaten. Jährlich finden kulturelle Veranstaltungen statt – darunter ein deutsch-amerikanisches Volksfest, auf dem es nicht nur Hendl, sondern auch klassische amerikanische Hotdogs gibt. Darüber hinaus ist ein historisches Museum entstanden, das auch an den 1958 in Grafenwöhr stationierten Rock-'n'- Roll-Star Elvis Presley erinnert.

Die besondere Kultur möchte die Zweite Bürgermeisterin von Grafenwöhr, Anita Heßler (CSU), nicht missen: "Das freundschaftliche Zusammenleben von Deutschen und Amerikanern prägt den Alltag in Grafenwöhr nun seit Jahrzehnten und trägt zu dem besonderen Flair bei", sagt sie zur AZ.

CSU-Abgeordneter Albert Rupprecht aus dem Bundestag hat keine Sorgen

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht aus dem Wahlkreis Weiden bezweifelt, dass diese Atmosphäre verloren gehen könnte. Seit 22 Jahren habe er immer Lösungen mit den Amerikanern gefunden.

"Selbst nach Trumps Ankündigung, einen Teil der Truppen abzuziehen, sind die diplomatischen Beziehungen durch harte Arbeit positiv aufrechterhalten worden", sagt der Politiker zur AZ. "Wir hoffen, dass das auch so bleibt."

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