FFP2-Skandal: Die Freien Wähler im Maskensumpf

Skandal bei den Freien Wählern: Ein junger Amtsträger verkauft minderwertige Masken aus China für Millionen ans Landesamt für Gesundheit. Er und sein Partner sitzen in Haft
Helmut Reister |
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Matthias P. sitzt derzeit in Untersuchungshaft.
Matthias P. sitzt derzeit in Untersuchungshaft. © Freie Wähler

München - Ein betrugsverdächtiges Millionengeschäft mit Corona-Masken bringt Bayerns stellvertretenden Regierungschef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ins Schwitzen.

Geschäftsführer einer Reifenfirma: Staatsanwaltschaft ermittelt

Denn die Nürnberger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Matthias P. (31) aus Neumarkt in der Oberpfalz und seinen Geschäftspartner (33).

Beide sind Geschäftsführer einer Reifenfirma. Im April letzten Jahres wechselten sie den Ermittlungen zufolge aber kurzzeitig das Metier und wurden zu Lieferanten von Corona-Schutzmasken.

LGL soll sieben Millionen Euro bezahlt haben

Empfänger von zehn Millionen Masken, produziert in China, wurde den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Sieben Millionen Euro sollen bezahlt worden sein.

Masken-Zertifizierungen sollen  gefälscht gewesen sein

Die Zertifizierungen waren gefälscht, so die Staatsanwaltschaft.Die Ermittler sind davon überzeugt, dass die gelieferten Masken nicht dem europäischen Schutzstandard entsprechen. Daran ändere auch eine vorgelegte Qualitätsbestätigung nichts. Sie sei gefälscht, erklärte die Sprecherin der Nürnberger Staatsanwaltschaft.

Fünf Vertreter ihrer Behörde und 30 Beamte des Landeskriminalamts hatten am Mittwoch die Geschäfts- und Privaträume der beiden Beschuldigten durchsucht und zahlreiches Beweismaterial sichergestellt. Anschließend erging gegen beide Männer Haftbefehl.

Verdächtiger war hoffnungsvolles Nachwuchstalent der Freien Wähler

Am Freitag beschäftigte sich auch der Landesvorstand der Freien Wähler mit dem Fall. In der anschließenden Stellungnahme wird Matthias P. als "kommunaler Mandatsträger" bezeichnet. Bisher galt er in Parteikreisen als hoffnungsvolles Nachwuchstalent. In der Partei ist er eng vernetzt. Er ist in seinem Wohnort Stadtrat, außerdem Kreisrat und Bezirksgeschäftsführer der oberpfälzischen Freien Wählern. Bis 2020 war er außerdem noch Landesvorsitzender der Jungen Freien Wähler in Bayern.

Offenbar haben sich nicht nur CSU-Mitglieder an der Corona-Krise bereichert, sondern auch ein Mandatsträger von Hubert Aiwangers Partei.
Offenbar haben sich nicht nur CSU-Mitglieder an der Corona-Krise bereichert, sondern auch ein Mandatsträger von Hubert Aiwangers Partei. © imago images/Jürgen Heinrich

Der FW-Landesvorstand weist in seiner Erklärung zwar auf die grundsätzliche Unschuldsvermutung hin, die bis zu einem rechtskräftigen Urteil gelten müsse, legte P. auf der anderen Seite aber nahe, alle Parteiämter mit sofortiger Wirkung ruhen zu lassen.

Welche Rolle hatte Hubert Aiwanger im Masken-Skandal?

Die in politischen Kreisen kursierende Behauptung, dass Hubert Aiwanger das Geschäft zwischen seinem jungen Parteikollegen aus der Oberpfalz und der LGL selbst vermittelt hätte, beantwortete sein Sprecher zunächst ausweichend. "Das Gremium teilt mit", erklärte der Sprecher, "dass zwischen dem Beschuldigten und der Parteiführung aktuell kein Kontakt besteht."

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Am Abend meldete sich Aiwanger dann noch selbst zu Wort: "Einer der Beschuldigten hat sich im Frühjahr 2020 mehrfach an mich gewandt und um Hilfe bei seinen Maskenlieferungen gebeten, nachdem er mit dem LGL in Geschäftskontakt getreten war", teilte er mit. "Wie bei vielen anderen Anfragen und Lieferanten habe ich seine Anliegen ans LGL weitergeleitet."

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5 Kommentare
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  • chgmuc am 18.07.2021 09:47 Uhr / Bewertung:

    Was ist nur aus unserem Land, das einmal höchstes Ansehen in der ganzen Welt genossen hat geworden?

  • loewenhund am 17.07.2021 16:06 Uhr / Bewertung:

    es werden noch viel mehr betrügereien auffallen bei denen sich politiker bereichert haben aber es wird nichts passieren wie bei angehörigen der CSU-alles wird einfach totgeeschwiegen

  • Der wahre tscharlie am 17.07.2021 15:18 Uhr / Bewertung:

    Natürlich gilt erstmal die Unschuldsvermutung.
    Dass aber beide in Haft sind, zeigt eigentlich den Ernst der Sache. Und 7 Millionen sind kein "Zuckerschlecken". Insbesonders deshalb, wenn man sich ansieht, wie gut der Kommunalpolitiker vernetzt ist/war.
    Mal schauen, was die Ermittlungen zutage fördern und an welchen "Rädchen" überall gedreht wurde.

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