Feuerwerks-Hersteller: "Wenn 2022 nicht anders wird, muss ich zusperren"

München/Augsburg - AZ-Interview mit Peter Sauer: Der 59-Jährige führt die Feuerwerkfabrik "Fritz Sauer" in Gersthofen im Kreis Augsburg in fünfter Generation. Den Ursprung hat das Unternehmen im Jahr 1863 mit einem "pyrotechnischen Laboratorium".
AZ: Herr Sauer, schön, dass Sie so spontan Zeit für ein Gespräch haben!
PETER SAUER: Ich bin im Büro und habe nun ja leider genügend Zeit, da ich kein Feuerwerk verkaufen darf.
Vor rund einem Jahr haben Sie gesagt: Das Jahr 2020 war für Sie als Feuerwerks-Firma katastrophal. Wie war 2021?
Es war ganz minimal besser, weil ich im Sommer rund 14 Aufträge für Feuerwerke hatte. Zum Vergleich: 2020 waren es nur sieben oder acht. Normalerweise - also vor Corona - habe ich zwischen 110 und 120. Zum Glück vertreiben wir neben Feuerwerken auch Notsignalfackeln und ein Produkt für Hagelabwehr. Im Gesamten betrachtet haben wir aber keine 30 Prozent des Umsatzes von vor der Krise.
Wie überlebt das eine Firma?
Wir überleben das, weil wir viel Kurzarbeit machen und meine Firma mithilfe meines Steuerberaters Hilfen vom Staat bekommen hat. Einmal musste ich mir auch Geld von meinem Nachbarn leihen, das habe ich aber schnell zurückgezahlt. Zuletzt habe ich nun aber das Haus meiner Großeltern verkauft - wegen Geldmangels. Das rettet mich jetzt. Auch wenn in Gersthofen natürlich nicht solche Preise wie in München gelten. Andere Kollegen haben das nicht - die sind dann am Ende.

Wie frustriert sind Sie, dass jetzt schon wieder ein Böllerverbot kommt und Ihre Online-Werbung für Silvesterfeuerwerk damit hinfällig ist?
Es ist das zweite Jahr, das zweite Silvester ohne Feuerwerk. Das frustriert mich schon sehr. Ich habe erst gehofft, dass mein Geschäft nach dem schlechten Jahr zumindest ein gutes Silvester erleben könnte und mit besseren Finanzen ins neue Jahr geht. Dem ist leider nicht so. Der Verkauf soll verboten werden, noch ist das nicht rechtskräftig. Aber das wird pünktlich zu den Verkaufstagen Ende Dezember kommen. Ich mache mir da keine Hoffnungen.
Wie stehen Sie dazu?
Mein Empfinden ist: Corona fordert uns alle, ich stehe hinter dem Kampf gegen die Pandemie und ich bin auch zweimal geimpft. Aber ich glaube nicht, dass das Verbot von Feuerwerkskörpern sehr viel Auswirkungen auf die Corona-Infektionszahlen haben wird.
Warum nicht?
Ich glaube nicht, dass sich die Menschen auf der Straße anstecken, weil sie wegen des Feuerwerks die Köpfe so nah zusammenstecken. Im Gegenteil: Beim Feuerwerk steht man meist mit Abstand zu anderen. Und auch die mögliche Verletzungsgefahr bei Feuerwerkskörpern halte ich für maßlos übertrieben. Generell glaube ich, dass das Feuerwerksverbot neben Corona auch damit zusammenhängt, dass es ohnehin viele Kritiker daran gibt, von Tierschützern bis zu Feinstaubgegnern.
Was würden Sie dagegen sinnvoll finden, um den Jahreswechsel gesund zu begehen?
Booster-Impfungen rauf und runter, Schutzmasken tragen, Menschenansammlungen vermeiden - vor allem in geschlossenen Räumen.
Wie geht es nun für Sie weiter?
Ich hoffe nach diesem ausgefallenen Silvester durch den harten Winter und das Frühjahr - denn auch die Monate Januar und Februar sind in meiner Branche in einem normalen Jahr tot - mit Sparsamkeit durchzukommen. Im April ist wieder mit ersten Einnahmen zu rechnen.
Wie schaut es in Ihrem Lager aus? Vor einem Jahr sagten Sie, die übrige Ware könne erstmal aufbewahrt werden.
Tja, davon habe ich rund zehn Prozent übers Jahr verkaufen können. 90 Prozent der alten Ware ist noch da. Das Verkaufte habe ich nachbestellt.
"Ich habe das Gefühl: Die Menschen sehnen sich nach dieser Normalität"
Wie lange kann man Böller überhaupt einlagern?
Ich habe zum Glück trockene Lagermöglichkeiten. Das wird schon noch ein Jahr funktionieren. Das Sensibelste sind die Zündschnüre. Wenn diese zu viel Feuchtigkeit erwischen, sind sie kaputt.
Sie sind in normalen Jahren auch beim Gäubodenvolksfest in Straubing dabei. Vermissen Sie das?
Das vermisse ich, ja! Ich mache immer das Abschlussfeuerwerk am Montag und das mache ich sehr gerne. Ich hoffe, dass es nächstes Jahr wieder ein Gäubodenvolksfest gibt und ich den Auftrag dafür bekomme. Ein Feuerwerk ist im besten Fall wie eine Inszenierung, der Schluss- und Höhepunkt eines Festes. Ich habe dieses Jahr in Augsburg ein Feuerwerk machen dürfen und die Menschen haben gar nicht mehr aufgehört zu jubeln. Das hat mir selbst so gut getan und lässt mich wieder zuversichtlicher denken. Ich habe das Gefühl: Die Menschen sehnen sich nach dieser Normalität.
Mit welcher Aussicht starten Sie also ins Jahr 2022?
Es kann jetzt nur noch bergauf gehen. Wenn 2022 nicht anders wird, dann muss ich zusperren. Welchen Sinn ergibt es sonst noch? Dann müsste ich nach 159 Jahren die Firma Sauer zumachen. Das ist ein komisches Gefühl. Ich werde selbstverständlich kämpfen bis zum Schluss.