Fehl-Start mit Hindernissen

Für Club-Shooting-Star Mike Frantz – und auch die Kollegen – begann die Saison bitter: Kaum Punkte und ein malader Oberschenkel
VON MIKE FRANTZ
Schon die Vorbereitung auf mein erste Bundesliga-Saison war etwas ganz Neues für mich. Denn zum ersten Mal war ich bis auf eine Muskelverhärtung verletzungsfrei geblieben. Hurra! Dementsprechend enttäuscht war ich, als ich beim Auftakt gegen Schalke nicht das Vertrauen von Trainer Michael Oenning bekam. Damit hatte ich ziemlich zu kämpfen. Denn eigentlich hieß es ja, dass die Mannschaft, die aufgestiegen ist, das Vertrauen genießt. Wenigstens wurde ich eingewechselt – und war gar nicht so schlecht, glaube ich.
Gegen Frankfurt hatte ich natürlich damit gerechnet, in der Startelf zu stehen. Pustekuchen. Ich saß 90 Minuten auf der Bank. Warum? Keine Ahnung! Oenning hat es mir nicht verraten. Musste er ja nicht, wäre aber schön gewesen. Ich habe die Schuld aber nicht bei anderen gesucht. Ich wusste, dass ich mich eben noch mehr einbringen musste, um zu spielen. Dennoch habe ich Oenning gesagt, dass ich richtig sauer bin. Ich wollte einfach mit aller Macht in die Mannschaft. Daraufhin habe ich noch mehr Gas gegeben – mit traurigen Folgen: Muskelfaserriss im linken Oberschenkel.
"Die harte Vorbereitung hatte mich geschlaucht"
Ich wusste, dass mich das Zeit kosten würde. Mit Fitnesscoach Andi Beck habe ich parallel auch an meinem Antritt gearbeitet. Nach zwei Wochen konnte ich endlich wieder auf dem Platz stehen. Wenn auch alleine. Einzeltraining mit Beck ist eben nicht das selbe wie mit den Kollegen zu üben. Noch härter war, nur auf der Tribüne sitzen zu können. Ganz ehrlich: Die ist noch härter als die Ersatzbank, besonders, wenn es so wie gegen Hannover ausgeht. Wir waren richtig schlecht, verloren verdient mit 0:2. Ausgerechnet gegen einen Konkurrenten gegen den Abstieg. Bitter! Doch schon eine Woche später in Stuttgart sind wir beim 0:0 richtig gut aufgetreten, hätten sogar einen Dreier verdient.
In der Woche vor dem Heimspiel gegen Gladbach konnte ich endlich wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Ich merkte, dass ich jetzt anders, besser drauf war. Die harte Vorbereitung hatte mich scheinbar doch zu sehr geschlaucht. Und die Relegation gegen Cottbus steckte scheinbar auch zu lange in den Knochen.
Ich hatte das Gefühl, überragend zu trainieren. Selbst Oenning hatte via Presse anklingen lassen, dass ich gegen Gladbach wahrscheinlich anfange. Leider muckte im Abschlusstraining der Oberschenkel wieder auf. Oh, Mann. Genau an der selben Stelle. Zum Glück nichts gravierendes. Ich hatte es für mein Comeback wohl etwas zu sehr übertrieben. Oenning und ich waren uns einig: „Okay, geben wir dem Muskel noch etwas Zeit.“
"Endlich war der Knoten geplatzt"
Die Jungs haben auch ohne mich 1:0 gewonnen. Das war immens wichtig, weil es am fünften Spieltag unser erster Sieg war. Eigentlich kurios: Denn die Borussia war uns von der Spielanlage überlegen. Wir gehen durch ein absolutes Glückstor in Führung: Christian Eigler spielt scheinbar planlos, da hat er uns ganz schön gefoppt, den Ball aus dem Halbfeld. Peer Kluge, nicht gerade als Torjäger bekannt, kriegt die Fußspitze noch hin. Toooor! Endlich war der Knoten geplatzt.
Ausgerechnet beim Derby in München sollte ich endlich an der Reihe sein. Oenning hatte mich am Donnerstag gefragt, ob ich mir 90 Minuten zutrauen würde. Ich habe ihm ehrlich erklärt, dass es wegen der Blessuren von meiner Spielart her schwierig ist, 90 Minuten durchzustehen. Ich sagte, dass ich natürlich gerne anfangen würde, aber dass ich ihm die Entscheidung überlasse. Seine Antwort: „Du kommst auf jeden Fall rein.“ Ein Satz mit x: Nix war’s. Obwohl er mir versichert hatte, dass ich eingewechselt werde.
Aber damals hat bei uns sowieso wenig gepasst. Gut zu spielen hat anfangs mehr gezählt als Punkte. Das hat man schon in der Vorbereitung gemerkt. An diesem Tag wäre Bayern vielleicht zu schlagen gewesen, aber die meisten waren mit dem 1:2 zufrieden.
"Oft dachte ich: Sei doch egoistischer"
Für mich verliefen die ersten sechs Spieltage ziemlich bitter. Oftmals dachte ich: Sei doch egoistischer. Aber so bin ich nicht, für mich zählt immer nur der Erfolg der Mannschaft. Ich würde mich nicht gut fühlen, wenn ich nicht hundertprozentig fit auflaufen würde und auf der Bank säße ein Kollege, der besser drauf wäre. Diese Einstellung ist für mich selbstverständlich. Für andere leider nicht. Irgendwie schade.
Als ich 2008 beim Club angefangen habe, habe ich mir geschworen, den Durchbruch zu schaffen. Und: Ich muss auch nach schlechten Spielen in den Spiegel sehen und sagen können: „Ich habe zumindest alles probiert.“
Aufgezeichnet von Krischan Kaufmann
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