FDP klagt gegen PAG: Schützen den Rechtsstaat vor der CSU
München - Gut drei Monate nach Inkrafttreten des neuen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern haben zwei FDP-Politiker eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministern a.D., und Stephan Thomae, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, klagen, weil das PAG an vielen Stellen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche, so die Begründung. Verteten werden die beiden von dem Rechtswissenschaftler Michael Brenner von der Universität Jena.
FDP-Spitzenkandidat: "Wollen den Rechtsstaat vor der CSU schützen"
Der bayerische Spitzenkandidat der FDP, Martin Hagen, sagte dazu, die Freiheit und Sicherheit der Bürger müssten wieder in Balance gebracht werden: "Wir wollen die Bürger vor Kriminellen schützen – und den Rechtsstaat vor der CSU." Eine Koalition im Bayerischen Landtag schloss er am Freitag ausdrücklich aus, sofern die CSU das Polizeiausgabengesetz nicht korrigiere.
Eine mögliche juristische Korrektur durch das BVerfG wird allerdings auf sich warten lassen – etwa eineinviertel Jahre könne es dauern bis zu einem Urteil, schätzt Brenner – sofern die Klage zugelassen wird.
Begriff der "drohenden Gefahr" umstritten
Dreh- und Angelpunkt der Beschwerde ist der Begriff der "drohenden Gefahr". Kritiker bemängeln seit Monaten, dass dieser nicht klar genug definiert sei. Durch die Änderungen im PAG müssen Polizeibeamte nicht mehr erst bei "konkreter", sondern bereits bei "drohender" Gefahr tätig werden. Ab wann diese besteht, sei aber schwer einzuschätzen, so Brenner. "Ich will keinem Polizisten zu nahe treten, aber ich denke, das setzt fast ein juristisches Studium voraus, um als Polizist entscheiden zu können, ob er eingreifen darf."
Auch Grüne und SPD klagen gegen das PAG
Der Begriff "drohende Gefahr" stammt ursprünglich aus einem Urteil des BVerfG, bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf die Bekämpfung von Terrorismus. Im bayerischen PAG beschränkt sich die Absenkung der Eingriffsschwelle durch die Polizei nun nicht mehr auf die Abwehr terroristischer Gefahren, sondern wurde auf weite Bereiche polizeilicher Befugnisse übertragen. Eine Folge davon sei eine Vermischung geheimdienstlicher Tätigkeiten und polizeilicher Befugnisse, welche bislang strikt getrennt waren, sagt Stephan Thomae.
Neben der FDP haben auch die Grünen Klage eingereicht – am bayerischen Verfassungsgerichtshof – sowie die SPD, die sowohl vor dem bayerischen als auch vor dem Bundesverfassungsgericht klagt.