Fast unzerstörbar und nachhaltig: Revolution in der Glasflasche?

Wissenschaftler der Uni Bayreuth entwickeln eine neue Glas-Form. Sie ist fast unzerstörbar und bietet Chancen für mehr Nachhaltigkeit.
Niclas Vaccalluzzo
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Die besonders robusten "Strongbottles" sind extrem bruchsicher – entwickelt haben sie Forscher aus Bayreuth.
Die besonders robusten "Strongbottles" sind extrem bruchsicher – entwickelt haben sie Forscher aus Bayreuth. © Universität Bayreuth

Bayreuth - In der DDR ist es einst ein großer Erfolg gewesen, in der BRD war es dann aber nicht mehr gewollt: das Ceverit oder Superfest-Glas. Vermarktet wurden unter diesem Namen vor allem Trinkgefäße, die nahezu unzerstörbar waren. Durch ein spezielles chemisches Verfahren wurde das Glas so gefestigt, dass es eine besonders stabile Struktur bekam. Dadurch konnten knappe Ressourcen eingespart werden.

Das Superfest-Glas oder zumindest dessen Produktionsverfahren könnte jetzt ein Comeback erleben. Was in der BRD zunächst als unwirtschaftlich galt, da man mit dem Verkauf von Gläsern schließlich Geld verdienen wollte, gewinnt heute vor dem Hintergrund von Plastikmüllbergen, Klimawandel und Nachhaltigkeitsbemühungen eine neue Bedeutung.

"Soulbottle" produziert bald die "Strongbottle"

Das haben auch Forscher der Universität Bayreuth erkannt, die unter dem Namen Keylab Glastechnologie Forschung zum Rohstoff Glas betreiben. Hierfür arbeitet die Gruppe mit Unternehmen der regionalen und internationalen Glasindustrie zusammen. Ein Teil dieser Forschung ist die Entwicklung der besonders robusten Glasflasche "Strongbottle" zusammen mit dem Start-up Soulbottles.

So sehen die "Strongbottles" samt Verpackung dann aus.
So sehen die "Strongbottles" samt Verpackung dann aus. © Universität Bayreuth

Für die Entwicklung der Strongbottle seien die Gründer damals an ihn herangetreten, um eine möglichst nachhaltige Trinkflasche herzustellen, sagt Thorsten Gerdes, Leiter der Forschung der AZ. Diese solle beim Herunterfallen möglichst nicht zerbrechen und dazu auch noch besonders leicht sein. Die Festigkeit des Glases ist laut Gerdes entscheidend für dessen Stabilität. Hier komme dann die DDR-Technik ins Spiel. Die "Ceverit"-Methode werde auch heute schon in der Industrie angewendet – bei Handydisplays.

Leiter des Keylab: Thorsten Gerdes.
Leiter des Keylab: Thorsten Gerdes. © Universität Bayreuth

Bruchfeste Glasflasche soll künftig massentauglich sein

Die Tüftelei an der fast unzerstörbaren Trinkflasche nehmen die Wissenschaftler von Keylab nun als Ausgangspunkt für weitere Forschungen. Langfristig sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die Technik auch massentauglich zu machen.

Die Methode bietet viele Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit. Laut Gerdes ist dabei dann weniger die Bruchfestigkeit, sondern die mögliche Materialeinsparung von Bedeutung. Mehrwegflaschen hätten dadurch ein geringeres Gewicht, was wiederum für einen wirtschaftlicheren Transport sorgt. So könnten Unternehmen ihre Prozesse umweltfreundlicher und günstiger gestalten.

Die Flasche wird in ein Salzbad gesenkt.
Die Flasche wird in ein Salzbad gesenkt. © Universität Bayreuth

So nachhaltig bruchfestes Glas ist, so energieaufwändig ist die Herstellung

Der Nachteil: Der Prozess kostet sehr viel Energie, sagt Gerdes. Die Festigung erfolge durch einen Diffusionsprozess, der temperatur- und zeitintensiv sei. Primäres Ziel sei daher vorerst, den Festigungsprozess so zu verändern, dass er für die Industrie attraktiv und schneller wird.

Die Resonanz aus der Glasindustrie sei groß, sagt der Wissenschaftler. Und auch in anderen Bereichen bemüht sich seine Forschungsgruppe um ressourcenschonende Energienutzung. Für die Herstellung von Glas benötige man Heizwannen, die bisher hauptsächlich mit Gas betrieben wurden. Bei Keylab wird auch an Wannen geforscht, die mit Strom betrieben werden.

Ukraine-Krieg belastet Glasindustrie enorm

"Auf der Glasindustrie lastet ein Riesendruck", sagt Gerdes. Hier habe es auch durch den Krieg in der Ukraine große Rückschritte gegeben. Die Wannen werden durch die mangelnde Verfügbarkeit an Gas nun wieder mit Öl betrieben. Langfristig müssten die Hersteller auf nicht-fossile Energieträger umstellen – dann wiederum wären die Elektrowannen in der Industrie gefragt.

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Die Idealvorstellung der Forscher: Gelingt es, die Festigungstechnik langfristig zu etablieren und zudem die Elektrowannen zu nutzen, hätte man einen nachhaltigen Kreislauf geschaffen. Denn: Die Recyclingfähigkeit des gefestigten Glases ändert sich nicht, so der Forschungsleiter. Dieser Recycling-Aspekt sei auch eine Grundprämisse der Wissenschaftler aus Bayreuth. Es habe ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden, in der Rohstoffkreisläufe und -einsparung immer wichtiger geworden seien, sagt Gerdes. Was also als unwirtschaftlich galt, könnte nun wieder eine wichtige Rolle spielen. Ressourcen schonen statt neues produzieren – ganz wie früher.

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1 Kommentar
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  • Frale am 12.04.2023 12:42 Uhr / Bewertung:

    "In der DDR ist es einst ein großer Erfolg gewesen, in der BRD war es dann aber nicht mehr gewollt" .... aber es kam ja aus der DDR, also weg damit.
    So ging es vielen Sachen.

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