Fast 20 Prozent mehr Arbeitslose durch Corona in Bayern

Die Virus-Pandemie macht sich nun auch auf dem Arbeitsmarkt im Freistaat deutlich bemerkbar. Die normalerweise im April übliche Frühjahrsbelebung bleibt aus. Unternehmen zeigen Kurzarbeit für fast zwei Millionen Beschäftigte an.
von  dpa
Eine rote Ampel leuchtet vor einem Schild, das auf die Agentur für Arbeit hinweist. Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild
Eine rote Ampel leuchtet vor einem Schild, das auf die Agentur für Arbeit hinweist. Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild © dpa

Nürnberg (dpa/lby) - Die Corona-Pandemie schlägt im April erstmals voll auf den Arbeitsmarkt in Bayern durch. Wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg mitteilte, stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um rund 40 700 auf jetzt knapp 272 000. Das entspricht einem Anstieg um 17,6 Prozent. Verglichen mit dem April 2019 ergibt sich sogar ein Anstieg um 33,2 Prozent oder 67 745 Personen. Die Arbeitslosenquote kletterte auf 3,6 Prozent. Das ist der höchste Wert für einen April seit fünf Jahren.

Im März hatte die Quote noch bei 3,1 Prozent gelegen. Da war der Corona-Effekt wegen des frühen Zähltages noch nicht abzulesen. "Die Corona-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen hinterlassen deutliche Spuren auf dem bayerischen Arbeitsmarkt", sagte der Chef der Regionaldirektion, Ralf Holtzwart. Die im April übliche Frühjahrsbelebung bleibe in diesem Jahr aus.

Knapp 120 000 Unternehmen im Freistaat haben nach Angaben der Arbeitsagentur Kurzarbeit angemeldet. Die Anzeigen beziehen sich auf 1,76 Millionen Beschäftigte. Wie viele Beschäftigte und in welchem Stundenumfang diese tatsächlich von Kurzarbeit betroffen sein werden, zeige sich erst, wenn die Betriebe dann Anträge auf Kurzarbeitergeld stellten, so Holtzwart. Er empfehle den Betrieben, ihren Antrag auf Kurzarbeitergeld umgehend bei der Agentur für Arbeit zu stellen.

Damit ein Betrieb Anspruch auf Kurzarbeitergeld hat, muss er zuerst Kurzarbeit anzeigen. Nicht immer wird Kurzarbeit dann aber auch in Anspruch genommen, etwa wenn sich die Auftragslage verbessert oder behördliche Maßnahmen aufgehoben werden.

Den größten Zuwachs bei der Arbeitslosigkeit verzeichnet laut Regionaldirektion das Gastgewerbe. Hier verloren rund 4900 Menschen ihren Job, ein Anstieg um 200 Prozent. Dann folgen der Handel mit einem Anstieg um rund 2500 Arbeitslose, die Arbeitnehmerüberlassung und das Verarbeitende Gewerbe mit je knapp 1700 Arbeitslosen mehr.

Insgesamt sei eine Zunahme von neu arbeitslos gemeldeten Menschen über alle Branchen hinweg zu beobachten. Die Arbeitslosigkeit steige sowohl von Fachkräften und Akademikern als auch von Menschen ohne Berufsausbildung, erläuterte Holtzwart.

Anders als in der Wirtschaftskrise 2009 sei jetzt ein Stelleneinbruch über alle Wirtschaftszweige hinweg zu verzeichnen. So seien den Agenturen im April nur knapp 13 000 neue Jobs gemeldet worden - im April vor einem Jahr waren es mehr als doppelt so viele.

"Gleichzeitig ist zu erkennen, dass die Betriebe ihre Mitarbeiter halten möchten und zunächst auf das Kurzarbeitergeld zurückgreifen", sagte Holtzwart. Ohne das Kurzarbeitergeld wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit noch stärker ausgefallen.

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, sagte, die hohe Zahl an Kurzarbeitsanzeigen mache deutlich, dass die Auswirkungen durch das Virus für den Arbeitsmarkt stärker sein werden als in der Wirtschaftskrise 2009. Damals wie heute mildere das Kurzarbeitergeld die schlimmsten Folgen ab. Von der nicht absehbaren Dauer der Produktionsunterbrechungen hänge ab, wie hoch der Verlust an Stellen ausfallen werde.

Bayerns DGB-Chef Matthias Jena kritisierte, gerade in Branchen mit überdurchschnittlich vielen Minijobs, niedrigen Löhnen und fehlender Tarifbindung häuften sich in Familien die Probleme. Der Schutz durch Kurzarbeiter-Regelungen sei kein Selbstläufer. Die sozialen Folgen der Corona-Krise müssten besser abgesichert werden. Dazu zählten die neuen Hinzuverdienstmöglichkeiten in Kurzarbeit, die von der Bundesregierung beschlossene Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und der verlängerte krisenbedingte Arbeitslosengeldanspruch.

Die sozialpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Julika Sandt, erklärte, die fehlende Kinderbetreuung und damit verbundene Mehrfachbelastung mache Eltern besonders anfällig für Kündigungen. Die Staatsregierung müsse daher die Kitas öffnen, damit Eltern nicht die Verlierer der Krise werden.

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