Familiendrama in Treuchtlingen: Schock in der Eisenbahner-Siedlung

Der Schock sitzt auch am nächsten Tag in Treuchtlingen noch tief: Offenbar aus rasender Wut darüber, dass ihn seine Frau verlassen hat, wirft ein 30 Jahre alter Mann seine drei Kinder kaltblütig aus dem Fenster – die Nachbarn sind ratlos.
Treuchtlingen – Alles sah für Adem Akkuoyun nach dem Ende seiner Spätschicht nach einem ruhigen Feierabend aus. Nur die Polizeiautos vor dem Sechsfamilienhaus, in dem er wohnt, machten den 26-Jährigen plötzlich stutzig. Dann ging alles ganz schnell. Erst hörte er ein lautes Krachen im Obergeschoss, dann Schreie und schließlich den Ruf „Er schmeißt die Kinder raus!“.
Sekunden später ahnte der Vermieter der Dachgeschosswohnung: Auch den alarmierten Polizisten war es am Dienstagabend nicht gelungen, das schreckliche Familiendrama im mittelfränkischen Treuchtlingen noch zu verhindern. Noch bevor die Streifenbeamten eingreifen konnten, hatte sich der 30 Jahre alte Familienvater seine drei arglosen Kinder geschnappt und offenbar in einem Zustand tiefster Verzweiflung aus dem Fenster in die Tiefe geworfen.
Ein zehn Monate alter Bub wurde beim Aufprall auf einen Stein lebensgefährlich, seine zwei und drei Jahre alten Schwestern erlitten beim Sturz auf eine Rasenfläche schwere Verletzungen. Danach stürzte sich der schon länger in Deutschland lebende Iraker selbst in die Tiefe. „Die Polizisten mussten das Ganze mit ansehen. Sie hatten keine Chance“, sagt ein Polizeisprecher.
Die Hintergründe des schrecklichen Geschehens blieben auch am Mittwoch im Dunkeln. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war es noch kurz zuvor zu einem telefonischen Streit zwischen dem 30-Jährigen und seiner erst vor ein paar Tagen ausgezogenen Frau gekommen. Dabei soll er der 22-Jährigen gedroht haben, den gemeinsamen Kindern etwas anzutun, falls sie nicht wieder nach Hause komme. Nachbarn berichteten, die Frau sei in den vergangenen Tagen zu ihrer Schwester ins Allgäu gezogen.
Nach Angaben der Nachbarn lebte das Ehepaar sehr zurückgezogen. Beide seien anscheinend arbeitslos gewesen. Die Familie habe deswegen wohl große finanzielle Probleme gehabt. Im Landratsamt Weißenburg hieß es am Mittwoch, es handele sich nicht um eine „Klientenfamilie“. Näheres wollte man zunächst nicht zu dem Fall mitteilen.
Für Adem Akkuoyun spricht vieles dafür, dass zumindest eines der Kinder mitten im Spiel von der Tat überrascht wurde. „Ich habe die eintreffenden Sanitäter mit dem Licht meines Handys hinter das Haus in den Garten geführt, wo die verletzten Kinder lagen. Eines hatte noch einen Papierflieger in der Hand, mit dem es anscheinend vorher noch gespielt hat“, erzählt der 26-Jährige.
Der im Erdgeschoss des Eisenbahner-Wohnblocks lebende Sedat Erdogan ist am Tag nach dem Familiendrama noch sichtlich aufgewühlt. Auch er war am Dienstag relativ spät von der Arbeit gekommen. Kurz nachdem er seine Wohnung betrat, hörte auch er laute Geräusche aus dem Obergeschoss – und dann ein lautes „Klacks“ aus dem Garten, wie er den harten Aufprall des ersten Kindes im Garten beschreibt. Als er zum Fenster rannte, sah er, wie zwei weitere Nachbarkinder aus dem Obergeschoss in den Garten fielen. „Das ist für mich unvorstellbar, dass man mit seinen Kinder so etwas macht“, sagt der Nachbar ratlos.