Familie steht vor dem Ruin – weil die Ämter pfuschten!

NÜRNBERG - Im Behörden-Dschungel verschwand Tanja P.s Antrag – doch ohne das Geld kann die fünfköpfige Familie nicht überleben.
Wer Christof P. vorhält, er könne in diesen Zeiten froh sein, einen Job zu haben, erntet wohl nur ein müdes Lächeln: Als Fahrer einer Autovermietung ist er bis zu zehn Stunden am Tag unterwegs. Am Monatsende kommt er im Schnitt mit 1000 Euro nach Hause. Viel zu wenig, um eine fünfköpfige Familie zu ernähren. Das sah auch die Arge – die „Arbeitsgemeinschaft zur Arbeitsmarktintegration“ in Nürnberg – so und bezuschusste die Familie mit knapp 200 Euro monatlich. Bis im November die Zahlung plötzlich ausblieb. Vor Gericht bekam Familie P. Recht. Die Arge hätte weiter zahlen müssen. Doch das tat sie nicht. In die Mühlen der Behörden geraten, ging die Familie um ein Haar finanziell zugrunde.
Denise (8), Saskia (7) und Hanna (3) sind die Kinder von Tanja und Christof P. Wann sie das letzte Mal im Kino waren, wissen sie nicht mehr. Das Leben der P.s aus dem Stadtteil Johannis ist auf Kante genäht. Die Wohnung ist sauber und spärlich möbliert, Tanja P. sitzt auf der Couch und ist verzweifelt. „Hätten wir nicht Freunde, die uns Geld geliehen haben, würden wir vor die Hunde gehen!“ Sogar die Räumung der Wohnung drohte. Und alles, weil ihr Fall im Amt durchgerutscht ist. Im Oktober bekamen die P.s einen Bescheid von der Arge: Die Leistungen werden eingestellt. Den 193-Euro-Zuschuss gibt’s nicht mehr. „Wir haben sofort einen Anwalt eingeschaltet“, sagt die Familie. Im Februar erklärte das Sozialgericht, dass die Einstellung der Zahlung rechtswidrig ist.
Doch es kam kein Geld. Der Chef der Widerspruchsstelle der Arge gab keine Antworten – egal, ob Frau P. es telefonisch versuchte oder der Anwalt ihn mit Briefen bombardierte. Dann beschwerte sich Tanja P. bei OB Ulrich Maly, da die Arge ein Zusammenschluss zwischen der Agentur für Arbeit und der Stadt Nürnberg ist. Fast zeitgleich wandte sie sich an die Abendzeitung. Erst danach tauchte Familie P. wieder in den Akten der Arge auf. Arge-Geschäftsführer Claus-Dieter Rüttel zur AZ: „Man kann sich bei der Familie wirklich nur entschuldigen. Da ist etwas schief gelaufen.“ Rüttel erklärt: Zum 1. Oktober hatte die Große Koalition entschieden, dass Familien, in denen durch das Einkommen der Eltern nur die Kinder als hilfsbedürftig gelten, mit Wohngeld und Kinderzuschlag unterstützt werden sollten, also aus der Arge herausfallen.
Wohngeld bekommen die P.s bereits. Die Entscheidung über den Kinderzuschlag fällt die Familienkasse, es geht um maximal 140 Euro pro Kind. Doch die Änderung betrifft in Nürnberg bis zu 300 Familien – die Fälle stapeln sich im Antragsstau an der Familienkasse. Und dadurch, dass Familie P. Widerspruch gegen die Einstellung der Arge-Zahlungen gestellt hat, ist der komplette Fall wohl nicht an die Familienkasse weitergeleitet worden. Rüttel: „Wir haben heute angewiesen, die Zahlungen an die Familie weiter laufen zu lassen.“ Das verlorene Geld der vergangenen Monate, verspricht Rüttel, wird der Familie ebenfalls noch überwiesen – aber erst, wenn klar ist, welche Stelle es übernehmen wird. Die AZ wird’s kontrollieren...sw