Familie bedroht und jetzt untergetaucht?
Am Mittwoch kam John O. (28) nicht zum Prozess. Die dubiose Vorgeschichte um seine getötete Tochter wirft weiter Fragen auf.
NÜRNBERG Er hat laut Anklage seine Schwester Victoria und deren vier Kinder mit dem Tod bedroht und versucht, die Wohnungstüre einzutreten. Gestern sollte der Prozess wegen Bedrohung und Sachbeschädigung sowie Ladendiebstahls vor dem Nürnberger Amtsgericht stattfinden. Doch Asylbewerber John O. (28) erschien nicht.
Ist der Mann untergetaucht? Dafür gäbe es mehrere gute Gründe. „Vielleicht hat er Angst, dass er verhaftet wird, weil er abgeschoben werden soll“, vermutete sein Anwalt Matthias Mayer. Die Nürnberger Ausländerbehörde habe dem Nigerianer eine letzte Frist zum 5. Juli zur Ausreise gesetzt. Seitdem sei auch der Kontakt des Anwalts zu John B. abgebrochen.
Andererseits drohen möglicherweise auch neue Ermittlungen um den Tod von John O.s Tochter. Die neun Monate alte Faith wurde im Juni 2006 in der elterlichen Wohnung zu Tode misshandelt.
Vater John kam nach einem Jahr U-Haft frei. Mutter Tatjana (damals 20), die sich bei den Ermittlungen in Widersprüche verwickelt hatte, wurde wegen Totschlags angeklagt – und Ende 2007 freigesprochen.
Ein deprimierendes Urteil, denn nur er oder sie können das kleine Mädchen getötet haben.
Sein Anwalt: „Er wollte die Vorwürfe vor Gericht klären.“
„Wir haben alles versucht, aber wir haben die Wahrheit nicht herausgefunden“, stellte Richter Hans Neidiger damals fest. „Es gibt weiterhin einen erheblichen Tatverdacht gegen die Frau, aber es bleiben auch Zweifel an der Unschuld von John O.“
Tatjanas Verteidiger Jürgen Besendorfer hofft noch immer auf ein Verfahren gegen John O. Gerade weil dieser nach der Freilassung aus der U-Haft seiner eigenen Schwester gedroht hatte, sie und ihre Kinder zu erstechen. Bei ihr war er untergeschlüpft.
„Alles erlogen“, behauptet John O., der gegen den Strafbefehl über 1500 Euro Einspruch erhob. „Er wollte die dubiosen Umstände um die Aussage seiner Schwester vor Gericht klären, hoffte auf einen Freispruch“, sagte sein Anwalt. Vielleicht sei er ja schon nach Nigeria ausgereist, um wieder einreisen zu dürfen, was bei einer Abschiebung verboten wäre. Doch John O. will wiederkommen, so Mayer, um seine neue Freundin in Nürnberg zu heiraten. Dann könnte er bleiben. cis