Falscher Bärlauch: Rentner stirbt qualvoll am Gift!
Ein Arzt aus Nürnberg warnt: Herbstzeitlose sehen ganz ähnlich aus, sind aber tödlich.
NÜRNBERG/MÜNCHEN Sie hatten sich einen frischen Salat gemacht. Aus selbst gesammelten Bärlauch-Blättern – so dachte das Ehepaar aus Neufahrn bei München zumindest. Er langte beim Essen richtig zu, sie aß ein bisschen weniger. Das rettete ihr das Leben. Beim Sammeln waren die ähnlich aussehenden Blätter der hochgiftigen Herbstzeitlose dazwischen geraten...
Stunden später ging es los: Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen. Der 70-Jährige und seine zwei Jahre ältere Frau lieferten sich am Samstag selbst ins Krankenhaus ein. Da waren die Vergiftungserscheinungen schon so schwer, dass sie ins Klinikum nach München gebracht werden mussten.
„Dem Mann ging es relativ schnell schlecht“, sagt Thomas Zilker, Leiter der Abteilung für Toxikologie am Klinikum rechts der Isar. Als der 70-Jährige in München ankam, war er nur noch kurze Zeit ansprechbar. Dann fiel er ins Koma. Nach etwa zwölf Stunden war er tot – gestorben an Multiorganversagen.
Das Zellgift zerstört ganze Organe
Auch seine Frau zeigte deutliche Vergiftungs-Symptome. Aber weil sie weniger von den Herbstzeitlose-Blättern verzehrt hatte, überlebte sie. „Ab einer gewissen Dosis kann niemand mehr etwas machen“, sagt der Nürnberger Experte Dr. Hans Jürgen Heppner von der Toxikologischen Intensivstation im Nordklinikum. Schon ein Blatt der Herbstzeitlose reicht für massive Beschwerden. Vier bis fünf Stunden nach dem Verzehr setzen die Symptome ein. Das Zellgift der Herbstzeitlose droht dann, ganze Organe zu zerstören.
„Ich esse gerne Bärlauch-Pesto“, sagt Heppner, „aber nur das aus dem Glas.“ Jahr für Jahr registriert der Nürnberger Mediziner zwei Vergiftungsfälle wegen der Verwechslung von Bärlauch mit dem Herbstzeitlose-Gewächs – Gott sei Dank ging in Nürnberg bis jetzt keiner tödlich aus. Knapp: Erst im vergangenen Jahr wurde eine Fürtherin (48) mit schweren Vergiftungs-Symptomen ins Nordklinikum eingeliefert. Und nur die können behandelt werden – gegen das Gift der Herbstzeitlose selbst „gibt es kein Gegengift“, weiß Heppner.
Das Problem: Die Blätter sehen sich sehr ähnlich. Viele Sammler versuchen, sich über den Knoblauch-Geruch zu vergewissern, dass sie es mit Bärlauch zu tun haben – aber wenn die Hände erst mal den Geruch angenommen haben, wird die Diagnose per Nase ungenau. Verwechslungen mit Maiglöckchen sind seltener, weil diese erst später sprießen. „Die gehen außerdem glimpflicher aus“, sagt Hans Jürgen Heppner. len/StW
- Themen:
- Klinikum rechts der Isar