Fall Ursula Herrmann: Kein Prozess-Ende in Sicht

Seit neun Monaten wird bereits verhandelt, 150 Zeugen wurden gehört - und ein Ende in dem Indizienprozess um den Tod der kleinen Ursula Herrmann ist noch nicht in Sicht:
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Angeklagt wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge: Werner M. und seine Frau Gabriele
dpa Angeklagt wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge: Werner M. und seine Frau Gabriele

AUGSBURG - Seit neun Monaten wird bereits verhandelt, 150 Zeugen wurden gehört - und ein Ende in dem Indizienprozess um den Tod der kleinen Ursula Herrmann ist noch nicht in Sicht:

Der in Augsburg angeklagte Werner M. (58) soll die zehnjährige Ursula Herrmann 1981 entführt und in eine im Wald bei Eching am Ammersee vergrabene Holzkiste gesteckt haben. Das Mädchen erstickte. Werner M. muss sich wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge verantworten. Seine Frau wegen Beihilfe.

Die Gutachterin des Landeskriminalamtes (LKA) hatte ein Tonbandgerät, das man bei dem Angeklagten fand, aufgrund der gerättypischen Verfremdung des BR-Verkehrshinweissignals den Erpresseranrufen zugeordnet und Werner M.damit schwer belastet.

Verteidiger Walter Rubach fühlte sich durch die Aussagen der BR-Mitarbeiter, die mit der Produktion des Verkehrszeichens in den 80er Jahren beschäftigt waren, in seinen Zweifeln am Gutachten bestärkt. So seien im fraglichen Zeitraum mehrere Versionen des Verkehrszeichens gesendet worden. Das stehe im Gegensatz zum Ausgangspunkt des LKA-Gutachtens, dass zwischen 1979 und 1984 lediglich ein bestimmtes Zeichen vom BR genutzt wurde. Dieses wurde dann auf dem Gerät des Angeklagten aufgenommen, mit den Erpresseranrufen verglichen und die Übereinstimmungen festgestellt.

Auch Zeuge P. trug wenig zur Aufklärung bei

Die Beliebigkeit des Beweises Tonbandgerät/Erpresseranrufe sollte in der Hoffnung der Verteidigung ein weiterer Zeuge untermauern. Bojan P. (73) war 1985 in Verdacht geraten. Bei ihm wurde ebenfalls eine Cassette mit dem BR-Verkehrszeichen gefunden. Später stellte sich aber heraus, dass er für die Herrmann-Entführung ein Alibi hatte, seine BR-Aufnahme aus der Zeit nach 1981 stammt. Seit 1986 sitzt der ehemalige Fernsehtechniker - zu Unrecht wie er beteuert - wegen Mordes und versuchten Mordes im Gefängnis. Nachträglich wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. "Das bedeutet zehn zusätzliche Jahre", erklärte er vor Gericht, warum er nach 23 Jahren noch nicht wieder frei gekommen ist.

Zur Aufklärung konnte er wenig beitragen. Er habe zwar eine Cassette für einen Entführungsversuch mit sprachverzerrter Aufnahme vorbereitet. Ursula Herrmann war aber nicht sein Ziel gewesen."Ich weiß nichts, mit der Entführung von Ursula Herrmann hatte ich nichts zu tun", erklärte der Straubinger Strafgefangene, der gefesselt in den Gerichtssaal geführt wurde.

Auch der Bruder des Opfers, Michael Herrmann, Nebenkläger im Prozess, hat noch starke Zweifel an der Schuld von Werner M.: "Ich bin nicht von seiner Unschuld überzeugt, aber auch nicht von seiner Schuld. Es ist mir lieber niemanden zu verurteilen, als den falschen." Herrmann hält den inzwischen verstorbenen Polizisten Harald W. weiter für tatverdächtig. "Die Polizisten haben es damals wohl für unmöglich gehalten, dass ein Kollege die Tat begangen hat. Er wurde nicht ausreichend überprüft, dabei war er als Jagdgehilfe oft in dem betreffenden Waldstück."

John Schneider

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