Fall Peggy: Gab es unzulässige Absprachen?

Im Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy gibt es heftige Vorwürfe: Der zuständige Richter soll mit dem Gutachter vorab telefoniert und Absprachen getroffen haben.
von  Helmut Reister

Im Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy gibt es heftige Vorwürfe: Der zuständige Richter soll mit dem Gutachter vorab telefoniert und Absprachen getroffen haben – Justiz dementiert.

Bayreuth - In scharfer Form hat die Bayreuther Justiz Vorwürfe zurückgewiesen, dass es im Vorfeld des neuen Prozesses im Mordfall Peggy zu unzulässigen Absprachen zwischen dem psychiatrischen Gutachter und dem zuständigen Richter gekommen sei. Genau dies hatten die Autoren Ina Jung und Christoph Lemmer, die ein viel beachtetes Buch über den rätselhaften Kriminalfall geschrieben haben, am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz behauptet.

Der Berliner Psychiater Hans Ludwig Kröber (62), der unter anderem auch Gustl Mollath begutachtet hat, spielte bei der Verurteilung von Ulvi K. (37) im Jahr 2004 eine entscheidende Rolle. Er hielt ein widerrufenes Geständnis des geistig behinderten Gastwirtssohns, wonach dieser die kleine Peggy getötet habe, für glaubwürdig. Das Landgericht Hof verurteilte Ulvi K. deswegen zu lebenslanger Haft.

Nachdem im Lauf der Jahre die Zweifel an der Schuld des Mannes wuchsen und sich Anhaltspunkte dafür ergaben, dass das Geständnis das Resultat unzulässiger Vernehmungsmethoden der Polizei gewesen sein dürften, wurde im vergangenen Jahr einem Wiederaufnahmeverfahren statt-gegeben. Zuvor hatte auch der einzige, inzwischen gestorbene Belastungszeuge seine Aussage widerrufen. In einer eidesstattlichen Erklärung, die er vor Gericht abgab, behauptete der ehemalige V-Mann der Polizei, dass er die Aussage, die Ulvi K. belastete, nur deshalb gemacht habe, weil ihm die Polizei im Gegenzug die Entlassung aus der Haft in Aussicht gestellt habe.

Mit deutlicher Kritik hatten Unterstützer von Ulvi K. Anfang des Jahres reagiert, als bekannt wurde, dass Hans Ludwig Kröber auch in dem neuen Prozess, der in der nächsten Woche beginnt, vom Gericht als psychiatrischer Gutachter eingesetzt wird. Das Bayreuther Landgericht sah darin kein Problem. „Er hat den gerichtlichen Auftrag bekommen, lediglich sein früheres Gutachten zu ergänzen“, wiegelte Behördensprecher Thomas Goger ab.

Öl ins Feuer gossen nun die Autoren Jung und Lemmer mit der Aussage, dass der Vorsitzende Richter Michael Eckstein dem Psychiater in Telefongesprächen nahe gelegt habe, im neuen Prozess das ursprüngliche Geständnis von Ulvi K. für „mehr oder weniger frei erfunden“ darzustellen. Kröber, so die Darstellung Lemmers, habe dem Richter das gewünschte Ergebnis zunächst auch zugesichert.

Eine derartige Absprache, sollte sie sich als wahr herausstellen, könnte die Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit zur Folge haben. Die Aussagen der Buchautoren wurden auch deshalb als besonders „heißes Eisen“ empfunden, weil nahezu zeitgleich bekannt wurde, dass der als Ankläger im Prozess vorgesehene Staatsanwalt kurzfristig von seiner Aufgabe entbunden wurde.

Der Sprecher der Bayreuther Justizbehörden, Thoma Goger, wies die von den Autoren erhobenen Vorwürfe zurück. „Zu keinem Zeitpunkt“, sagte er, „hat der Vorsitzende Richter dem Sachverständigen inhaltliche Vorgaben für das von ihm zu erstattende Gutachten gemacht oder gar ein Ergebnis vorgegeben.“

Er erklärte ferner, dass die Strafprozessordnung ausdrücklich vorsehe, dass das Gericht mit dem beauftragten Sachverständigen bespricht, innerhalb welches Zeitrahmens das Gutachten zu erstatten sei. Dabei könnten auch das Thema und der Umfang des Gutachtens mit dem Sachverständigen erörtert und erläutert werden. Goger: „Das ist vom Gesetz so vorgesehen, sachgerecht und gängige Praxis.“ Die Telefonate mit dem Gutachter seien im übrigen erfolgt, als diesem die Akten des Wiederaufnahmebeschlusses noch nicht vorgelegen hätten.

„Das Landgericht Bayreuth“, heißt es in der schriftlichen Erklärung, „wird auch weiterhin die Hauptverhandlung gegen Ulvi K. mit der erforderlichen Sorgfalt und Gründlichkeit vorbereiten und durchführen. Dies erwarten Öffentlichkeit und Verfahrensbeteiligte zu Recht.“

 

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