Fake-Kinderpornos für Verbrecherjagd: Das sagt ein Richter
München - Der ehemalige Vorsitzende Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, auf die Frage, warum virtuelle Kinderpornografie verboten ist, obwohl es doch kein "reales" Opfer gibt: "Das deutsche Strafrecht unterscheidet im Grundsatz nicht zwischen 'echter' und 'virtueller' Pornografie. Überdies gleichen sich beide Formen äußerlich oft ununterscheidbar an.
Das von den Pornografie-Verboten geschützte Rechtsgut ist nicht in erster Linie die sexuelle Selbstbestimmung abgebildeter Personen, sondern diejenige möglicher anderer Personen. Dieses Rechtsgut wird ganz unabhängig davon gefährdet oder verletzt, wer die pornografischen Darstellungen mit welchen Zielen und Absichten verbreitet."
Es gebe bereits einzelne Regelungen, die Ermittlern erlauben, verbotene Inhalte zu verbreiten. Grundsätzlich könne man diese auch für Pornografie-Tatbestände schaffen. "Allerdings muss man sehen, dass damit genau das Verhalten gezeigt und gefördert wird, das das Gesetz verhindern will und unter Strafe stellt", so Fischer.
Er sieht aber noch ein weiteres Problem, wenn die Verbreitung von virtueller Kinderpornografie für Ermittler straffrei würde: "Eine Regelung, die nur die Verbreitung von virtuellem Material straffrei stellte, würde natürlich grundsätzlich für alle und nicht nur für Polizeibeamte gelten."
In der derzeitigen Debatte gehe es wohl eher darum, dies nur zu erlauben, wenn die Verbreitung virtueller pornografischer Bilder bestimmte Bedingungen geknüpft ist, also zum Beispiel zur Aufklärung von erheblichen Straftaten. Dennoch sieht Fischer die Debatte eher kritisch. Im Zentrum stehe die Frage: "Soll der Staat eigene Straftaten begehen und fremde Taten gezielt provozieren dürfen, um ,Abschreckung’ zu produzieren?"
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