Extrawurst für Raucher-Club – Nürnberger Wirte sind empört!
In Christine Klevers Zigarren-Lounge „Casa del Habano“ dürfen die Gäste vorerst weiter qualmen, während die Inhaber anderer Bars und Shisha-Cafés um ihre Existenz bangen
NÜRNBERG Bei ihr verkehren die Schönen und Reichen: Christine Klevers „La Casa del Habano“ am Nürnberger Hauptmarkt ist berühmt für edle Zigarren, die zu edlen Tröpfchen kredenzt und auch geraucht werden. Und das auch nach dem 1. August, dem Stichtag für das neue Nichtraucherschutz-Gesetz, das das Qualmen in der Gastronomie eigentlich komplett verbietet.
Dass das Nürnberger Ordnungsamt für sie eine Ausnahme macht, kann Christine Klever „noch gar nicht glauben.“ Um sich gegen das Rauchverbot zu wehren, strebt sie eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Den Antrag will sie allerdings „nicht mit der heißen Nadel stricken“, sondern sich mit ihrem Anwalt „noch zwei, drei Wochen Zeit lassen“.
Obwohl es sich also in ihrem Fall nicht um ein schwebendes Verfahren handelt, wird sie vom Ordnungsamt bevorzugt behandelt. Was andere Nürnberger Wirte auf die Palme bringt...
„Wettbewerbsverzerrung“ auch in Spielhallen?
Peter Rock findet den Vorgang unglaublich: Der Inhaber der Vineria aus dem Kleinreuther Weg in der Nordstadt – ebenfalls einst als Zigarren-Lounge konzipiert – erkundigte sich telefonisch beim Ordnungsamt, warum im Falle Klever eine Ausnahme gemacht werde, und die Besitzer aller anderen Nürnberger Wirtschaften seit Sonntag in ständiger Angst vor Denunziation und Kontrollen des Ordnungsamts leben müssen. Der eigentliche Skandal: Die Dame vom Ordnungsamt, soll laut Rock, wortwörtlich entgegnet haben, es gebe „eine Anweisung von oben“, Frau Klever und ihr „La Casa del Habano“ nicht zu behelligen! Auf AZ-Nachfrage wollte die Mitarbeiterin diese Aussage nicht dementieren und die Frage, wer oder was denn „oben“ sei, nicht kommentieren. Der verantwortliche Amtschef Robert Pollack verweist auf das von Klever angestrebte Verfahren in Karlsruhe: „Wir machen keine Ausnahme, sondern haben im Fall Casa del Habano den Vollzug ausgesetzt, bis das Gericht entschieden hat.“ Den Einwand, das Verfahren laufe noch gar nicht, will er nicht gelten lassen. Dass ebenso wie Klever etwa Dutzende Shisha-Cafés im Stadtgebiet ihren Hauptumsatz mit Tabak machen, streitet Pollack nicht ab. Vom Ordnungsamt verschont bleiben die allerdings nur, wenn sie auch eine Klage vor Gericht einreichen, was sich aber sicher nicht jeder Besitzer leisten kann...
Eine ähnliche „Wettbewerbsverzerrung“ wittert auch der Inhaber zweier Spielhallen in der Südstadt: „Ich habe die großen Konkurrenten besucht – da wird überall geraucht“, berichtet er der AZ. „Wenn da jemand vom Ordnungsamt aufkreuzt, wird er sofort an den Hausjuristen verwiesen.“ Den kann sich der Kleinunternehmer natürlich nicht leisten...
Christine Klever plagt ob ihres Privilegs schon „ein schlechtes Gewissen gegenüber anderen Wirten“. Aber: „Das Kind ist in der Brunnen gefallen. Jetzt muss jeder für sich kämpfen.“
Steffen Windschall