Experten nehmen Reform des Landesentwicklungsprogramms auseinander

Sollen sich Firmen leichter abseits von Ortschaften niederlassen dürfen? Soll es im Allgäu eine neue Skischaukel geben? Um diese und andere Fragen geht es bei der Reform des Landesentwicklungsprogramms. Experten haben nun viel Kritik angemeldet - und das teils deutlich.
München - Die von der Staatsregierung geplante Änderung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) ist bei Fachleute aus Verbänden und Wissenschaft auf viel Kritik gestoßen. In einer Expertenanhörung am Donnerstag im Landtag wurden unter anderem massive Zweifel laut, ob die Pläne dem Ziel gerecht werden, die ländlichen Räume effektiv zu stärken. Professoren kritisierten insbesondere die Pläne, Firmen die Ansiedlung abseits bestehender Siedlungen noch weiter zu erleichtern. Und hoch umstritten bleibt auch, dass die Staatsregierung mit der LEP-Reform den Weg für eine neue Skischaukel am Riedberger Horn im Allgäu freimachen will. Die drei umstrittensten Punkte im Überblick:
FÖRDERUNG LÄNDLICHER RÄUME: Erklärtes Ziel der Staatsregierung ist es, die ländlichen Räume zu stärken. Dies will sie erreichen, indem es künftig mehr sogenannte Oberzentren und Mittelzentren geben soll - dort sind dann etwa größere Gewerbeansiedlungen erlaubt als anderswo. Und: Viele Kommunen, die von Bevölkerungsschwund bedroht sind, werden zusätzlich dem "Raum mit besonderem Handlungsbedarf" zugerechnet.
Das stößt bei den Fachleuten nahezu einhellig auf teils deutliche Kritik. Der Tenor: Es bringe nichts, immer mehr Kommunen zu Ober- und Mittelzentren hochzustufen und große Teile Bayerns zu Räumen mit "besonderem Handlungsbedarf" zu erklären. Es müsse zielgerichteter gefördert werden, und es müsse am Ende auch einiges an Geld fließen.
Die "inflationäre Steigerung" sorge nicht für eine Stärkung der Kommunen, sondern für unnötige Konkurrenz, sagte Thomas Lenzen von der Bayerischen Architektenkammer. Ähnlich argumentierten beispielsweise auch Wissenschaftler und der Indurstrie- und Handelskammertag. Der Städtetag betonte, eine bloße neue Einstufung von Kommunen auf dem Papier bringe nichts. Es brauche mehr Geld - und eine bessere Infrastruktur in ländlichen Räumen. Das wäre dann echte Strukturpolitik, anders als eine bloße Ausweisung auf dem Papier.
FIRMEN AUF DER "GRÜNEN WIESE": Besonders umstritten ist die weitere Lockerung des sogenannten "Anbindegebots". Dieses Gebot schreibt im Grundsatz vor, dass neue Gewerbegebiete an Siedlungen angedockt werden müssen. Nun soll es aber neue Ausnahmen geben, so dass sich Firmen noch leichter als bisher auch abseits von Ortschaften an Autobahnausfahrten, großen Straßen und Bahnstrecken ansiedeln dürfen. Heimatminister Markus Söder (CSU) hat diese Pläne oft verteidigt.
Unter den Verbänden gehen die Meinungen hier auseinander. Die Wirtschaft und die entsprechenden Verbände sind dafür. Der ländliche Raum trage die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat enorm mit, und das müsse auch weiter möglich bleiben, sagte ein Vertreter der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft in der Anhörung im Landtag.
Umweltverbände sind strikt dagegen. Das wäre die "verhängnisvollste Maßnahme", die der Landtag beim LEP beschließen würde, sagte der Bund-Naturschutz-Vorsitzende Hubert Weiger. "Unser Land verändert in einem atemberaubenden Tempo sein Gesicht", klagte er. Der Schutz der Landschaft werde geopfert, die bayerische Heimat drohe durch die immer gleichen Gewerbegebiete zum "gesichtslosen Brei" zu werden. Der Bauernverband warnte vor einem massiven neuen Flächenverbrauch.
Aber auch zwei Wissenschaftler kritisierten die geplante Lockerung des "Anbindegebots". Professor Manfred Miosga von der Universität Bayreuth warnte vor einem "Dammbruch". Und Hubert Job von der Universität Würzburg klagte, damit nehme man eine Zersiedlung der Landschaft in Kauf. Zudem drohe wegen der immer gleichen Art von Neubauten eine "Uniformisierung der bayerischen Heimat", warnte er.
ALPENPLAN UND RIEDBERGER HORN: Mit der LEP-Änderung will die Staatsregierung den Weg für eine neue Skischaukel am Riedberger Horn im Allgäu frei machen - auch wenn über die Genehmigung an sich dann vor Ort entschieden wird. Dies stößt bei Umweltverbänden und Alpenverein auf massive Kritik: Der Bund Naturschutz spricht von einem "Dammbruch in der Geschichte des bayerischen Alpenschutzes".
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