Experte warnt: Bald gibt’s keine Franken-Karpfen mehr!

Die ersten Erzeuger wollen die Fisch-Zucht schon aufgeben. Kormorane fressen die Weiher leer, doch die Teichbauern dürfen sich nicht gegen die Schmarotzer wehren.
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Franken ist Karpfenland – noch. Doch wenn immer mehr Teichwirte aufgeben, gibt es bald keinen fränkischen Karpfen mehr. Dieses Jahr wird eine Ernte von rund 6000 Tonnen Karpfen erwartet.
dpa 2 Franken ist Karpfenland – noch. Doch wenn immer mehr Teichwirte aufgeben, gibt es bald keinen fränkischen Karpfen mehr. Dieses Jahr wird eine Ernte von rund 6000 Tonnen Karpfen erwartet.
Gefräßig, nicht heimisch, aber trotzdem in Franken: der Feind der Teichwirte – ein Kormoran.
dpa 2 Gefräßig, nicht heimisch, aber trotzdem in Franken: der Feind der Teichwirte – ein Kormoran.

Die ersten Erzeuger wollen die Fisch-Zucht schon aufgeben. Kormorane fressen die Weiher leer, doch die Teichbauern dürfen sich nicht gegen die Schmarotzer wehren.

NÜRNBERG/HÖCHSTADT AN DER AISCH „Wenn die Leute die Lust verlieren, nur noch Belastungen und Auflagen und keinen Gewinn mehr, dann gibt man eben auf“, sagt Fritz Nagel. Und kündigt damit das mögliche Ende des fränkischen Karpfens an! Denn den Teichwirten in der Region stinkt’s gewaltig: Kormorane fressen ihnen die Weiher leer – und sie dürfen sich nicht wehren.

Fritz Nagel ist einer von ihnen. Er hat 10 Hektar Fischweiher. Seit Generationen betreibt seine Familie im Aischgrund bei Hallerndorf die Karpfenzucht. Doch damit ist nun wohl Schluss: Kormorane dezimieren die Karpfen-Bestände derart, dass der Teichbauer draufzahlen muss.

Gerade im Aischgrund macht sich der Kormoran breit

In Bayern gibt es insgesamt 20.000 Hektar Teiche, die von 5500 Teichwirten genutzt werden – die meisten davon in Franken, im Aischgrund. Gerade hier macht sich aber auch der Kormoran breit. Und der frisst gerne Karpfen. „Diese Vogelart ist in Europa eigentlich nicht heimisch. Aber heute gibt es rund zwei Millionen Kormorane in Europa“, erklärt Martin Oberle, Leiter der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.

Auch die Folgeschäden durch die Vögel sind enorm: „Wenn so ein Schwarm einfliegt, dann sind die Fische verängstigt, teilweise tagelang vollkommen apathisch. Viele werden nicht gefressen, sondern nur verletzt und verenden dann grausam.“

Wenn die verängstigten Karpfen nicht mehr das Wasser aufwirbeln, indem sie am Teichgrund nach Nahrung suchen, verstärkt sich der Lichteinfall im klaren Wasser. Dadurch können Algen stärker wachsen. Wachsen die Algen, sinkt der Sauerstoffgehalt des Wassers – letztendlich tödlich für die Fische.

„Die Lage spitzt sich in den letzten Jahren immer mehr zu“, sagt Oberle. Denn die Bejagung der Wasservögel ist sehr schwierig, Schrotgewehre habe eine zu kurze Reichweite. Zum anderen befinden sich viele Fischweiher, wie die von Fritz Nagel, in Vogelschutzgebieten – und dort dürfen die Kormorane nicht gejagt werden.

Ergebnis: Viele Teichwirte wollen aufgeben oder haben das schon getan. „Ein Teichwirt will beispielsweise heuer 50 von 90 Hektar stilllegen“, sagt Oberle.

Durchschnittlich 56 Prozent Verlust

Die Karpfenproduktion lohne sich wegen der Kormoran-Invasion nicht mehr: Ab einem Verlust von 35 Prozent der Fische lohnt sich die Zucht nicht mehr. Momentan liegen die durchschnittlichen Verlust bei rund 56 Prozent, sagen die Teichbauern. Oberle ergänzt: „Wir hatten auch schon Teiche mit über 90 Prozent Verlust!“

Doch wenn die Teichwirte ihre oft jahrhundertelang gepflegten Weiher nicht mehr bewirtschaften, verlanden diese, die Natur verändert sich. Die Kosten für die Renaturierung – oder die Rückverwandlung in Karpfenteiche kommt dem Steuerzahler dann richtig teuer.

Für Oberle und die Teichwirte steht fest: Um die Karpfenzucht zu retten, müssen die Kormoran-Bestände auch in Naturschutzgebieten gejagt werden. Doch das muss nun die Politik entscheiden. Sonst könnte es bald wirklich keinen fränkischen Karpfen mehr geben... Martin Mai

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