Ex-Musikhochschul-Präsident muss hinter Gitter

Karlsruhe - Er ließ die Sängerin zum Bewerbungsgespräch in sein Büro kommen und stürzte sich dann auf sie: Wegen sexueller Nötigung muss der Ex-Präsident der Musikhochschule München nun hinter Gitter. Das Urteil des Landgerichts München I. gegen Siegfried Mauser ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte am Mittwoch den Münchner Richterspruch. Bitter ist dies für eine weitere Frau und damalige Bewerberin, über die sich der einstige Hochschulchef ebenfalls im Büro hergemacht haben soll: Die Revision der Bundesanwaltschaft gegen den Freispruch vom Vergewaltigungsvorwurf blieb erfolglos.
Das Landgericht hatte Siegfried Mauser im Mai 2018 wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Nach Feststellungen des Gerichts hatte er die Sängerin in seinem Büro in den Jahren 2007, 2009 und 2013 auf das Sofa gestoßen, sich auf sie gelegt oder sie mit festem Griff gehalten und trotz Protesten und Gegenwehr sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen (Az: 1 StR 39/19).
Außerdem wurde Mauser Vergewaltigung vorgeworfen. Er hatte im Juli 2004 eine weitere Frau auf das Sofa gedrückt, die sich auf eine Assistentenstelle beworben hatte. Weil sie sich aber nicht nachweislich wehrte, als Mauser von hinten in sie eindrang, und es danach noch zwei "einvernehmliche Sexualkontakte" gegeben habe, konnte keine Vergewaltigung nachgewiesen werden: "Das Landgericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte die Gewalt angewendet hat, um einen aus seiner Sicht zu erwartenden Widerstand zu unterbinden", so der BGH. Nach dem zum Tatzeitpunkt geltenden alten Sexualstrafrecht hätte sich das Opfer ausreichend wehren müssen. Das war damals Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Vergewaltigung.
Bei der wiederholten Nötigung im ersten Fall hatten Verteidigung und Bundesanwaltschaft für eine mildere Strafe plädiert: Das Fehlen eines Geständnisses und einer Entschuldigung alleine dürfe nicht strafverschärfend gewertet werden. Der BGH bescheinigte dem Landgericht aber eine "erschöpfende und rechtsfehlerfreie Gesamtwürdigung aller Aspekte". Dem Urteil sei nicht zu entnehmen, dass das fehlende Geständnis zu einer Strafverschärfung geführt habe.
Mauser führte von 2003 bis 2014 die Münchner Musikhochschule. Er hatte bei der mündlichen BGH-Verhandlung beteuert, er verabscheue Gewalt. Er habe aber Menschen enttäuscht. Die Hochschule entschuldigte sich am Mittwoch für das Leid, das der Ex-Rektor den Frauen zugefügt hat. "So etwas darf sich an unserer Hochschule nicht wiederholen", betonte der jetzige Präsident Bernd Redmann.
Die Hochschule habe nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Frühjahr 2016 zahlreiche Maßnahmen ergriffen, dass so etwas nie wieder vorkomme. Man arbeite kontinuierlich an weiteren Verbesserungen, umfassender Aufklärung und Sensibilisierung. Dazu zähle auch der gemeinsame Aktionstag der Münchner Kunsthochschulen "Respekt" am 19. November. Redmann betonte: "Die Hochschule für Musik und Theater München steht ganz klar für null Toleranz gegen sexuelle Übergriffe, Machtmissbrauch, Belästigung oder Diskriminierung."
Im Kunst-Betrieb sind in letzter Zeit - im Zuge der "MeToo"-Bewegung gegen sexistisches und sexuell übergriffiges Verhalten einflussreicher Männer - eine Reihe von mutmaßlichen Übergriffen bekannt geworden. So haben mehrere Sängerinnen Weltstar Plácido Domingo vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben. Vor wenigen Tagen trat der 78-Jährige deshalb von seinem Posten als Leiter der Oper in Los Angeles zurück. Die Anschuldigungen hat der spanische Sänger aber zurückgewiesen.