EU-Blödsinn: Kantine darf kein Essen mehr verkaufen

Gemeindeeigene Küche versorgte Schüler und Kindergärten in Adelsdorf mit preisgünstigem Essen. Neue EU-Richtlinie macht unerfüllbare Auflagen. Fünf Mitarbeiterinnen verlieren ihren Job
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Gemeindeeigene Küche versorgte Schüler und Kindergärten in Adelsdorf mit preisgünstigem Essen. Neue EU-Richtlinie macht unerfüllbare Auflagen. Fünf Mitarbeiterinnen verlieren ihren Job

ADELSDORF Was für ein Bürokraten-Blödsinn! Eine EU-Richtlinie, die am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, hat dem Vorzeige-Projekt der mittelfränkischen Gemeinde Adelsdorf (Kreis Erlangen-Höchstadt/Aisch) den Todesstoß versetzt. Ab sofort dürfen die Kinder an den Schulen und Kindergärten nicht mehr bekocht werden...

Jährlich wurden 26.000 Mahlzeiten zubereitet

Seit September 2008 wurden die Kinder mit Essen aus der Küche der Aischgrundhalle versorgt. Die Zubereitung der jährlich 26.000 Mahlzeiten (Preis zwischen 1,50 und 2,70 Euro) erledigten fünf engagierte Mitarbeiterinnen auf 400-Euro-Basis. Die Produkte lieferten einheimische Bauern und Händler.

„Das funktionierte einwandfrei. Für den Preis gab es wirklich qualitativ ausgezeichnetes Essen“, schwärmt Bürgermeister Karsten Fischkal (Freie Wähler). Inzwischen spricht das Gemeindeoberhaupt von einem „Realitäts-Verlust“ des Brüsseler Parlaments. Vom Landratsamt wurde er nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Küche in der Aischgrundhalle einer neuen EU-Zulassung zufolge nunmehr als „Großküche“ einzustufen sei. Was sich wie eine banale Formalie anhört, bedeutet für das Essens-Projekt aber das Aus.

EU fordert u. a. zwei neue Betriebsräume

Knackpunkt ist der Umstand, dass mehr als ein Drittel der frisch zubereiteten Mahlzeiten an „betriebsfremde Einrichtungen“ geliefert werden. Bei den „betriebsfremden Einrichtungen“ handelt es sich um Kindergärten, die nicht unter kommunaler Trägerschaft stehen. Und das sind bis auf einen einzigen Kindergarten alle anderen. Weil das so ist, schreibt die neue EU-Richtlinie strenge Auflagen vor. Unter anderem müssten zwei neue Betriebsräume eingerichtet werden. Und auch ein eigener Personaleingang sowie eine neue, teure Belüftungsanlage müssten her – sowie ein persönlich haftender Mitarbeiter, der erst noch geschult werden muss.

Diese Auflagen würden die Gemeindekasse mit etwa 100.000 Euro belasten. Bürgermeister Karsten Fischkal: „Das wäre unter dem Strich vielleicht noch machbar.“ Doch das eigentliche Dilemma ist, dass dann kein „Fremder“ mehr die Küche in der Aischgrundhalle betreten dürfte. Fischkal: „Das bedeutet, dass die Halle nicht mehr von Vereinen, Organisationen und Privatleuten genutzt werden darf. Die Faschingssitzungen oder andere Veranstaltungen zum Beispiel könnten nicht mehr hier stattfinden. Und das kommt natürlich nicht in Frage.“

Jetzt sucht die Gemeinde händeringend nach einer Catering-Firma, um die Essenslieferung an die Kinder aufrecht zu erhalten. Die fünf Mitarbeiterinnen sind ihren Job aber auf jeden Fall los. Helmut Reister

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