Ettal zahlt für Missbrauchsopfer

ETTAL - Die Lawine der Missbrauchsfälle an kirchlichen Einrichtungen reißt nicht ab. Das Kloster Ettal hat jetzt Hilfe aus Rom angefordert. Und für die Opfer sollen die Therapiekosten übernommen werden.
Wieder neue Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen: Im Bistum Paderborn wurde ein Pfarrer suspendiert. Er soll Schwulenpartys und Workshops veranstaltet haben. Ob Minderjährige beteiligt waren, prüft die Staatsanwaltschaft. In Bayern sind neue Missbrauchsvorwürfe gegen zwei evangelische Pfarrer laut geworden. Die Fälle sollen Mitte der 60er und der 80er Jahre passiert sein. Dabei räumte die Kirche Versäumnisse bei der Aufarbeitung ein.
Völlig aufräumen mit seiner düsteren Vergangenheit will jetzt das Klosterinternat Ettal. Etwa hundert Schüler sollen hier mit Rohrstöcken misshandelt oder sexuell missbraucht worden sein. Jetzt will die Benediktinerabtei aktiv bei der Aufklärung mitwirken und den Opfern Therapien finanzieren. Eine so genannte „Apostolische Visitation“ vom Vatikan soll auf Wunsch der Ettaler das Kloster überprüfen. Außerdem will die Abtei eng mit der Staatsanwaltschaft, die in den Misshandlungsfällen ermittelt, zusammenarbeiten.
Opferorganisationen wie der Weiße Ring und psychotherapeutische Angebote sollen den Opfern schnelle und unbürokratische Hilfe bieten. Die Therapiekosten will das Kloster übernehmen: „Ohne den Eindruck entstehen zu lassen, dass sich die Abtei freikaufen will, ist sie bereit, direkt bei der Folgenbekämpfung des Missbrauchs anzusetzen“, erklärte die Benediktinerabtei.
Außerdem will das Internat den Opfern die Möglichkeit geben die Missbrauchsfälle in Opfer-Täter-Gesprächen aufzuarbeiten. Einige ehemalige Klosterschüler haben das Angebot bereits wahrgenommen. Die Schulleitung will den Opfern den ersten Schritt einer Aufarbeitung ermöglichen und dem Kloster die Möglichkeit gegeben die Schuld und Verantwortung als Täter oder Mitwisser auf sich zu nehmen.
Auch ehemalige Ettaler sind miteingebunden. Als Brückenbauer zwischen allen Beteiligten werden sie beim Aufarbeitungsprozess mitwirken. Und um zukünftig Übergriffe zu verhindern, richtet die Schule eine Vertrauensstelle ein, besetzt mit einer neutralen juristisch und pädagogisch geschulten Person. jo