Essenzen aus dem Schmelztiegel

NÜRNBERG - Vom Trailerpark in den Blues-Club: Hillbilly-Hopper Everlast im Hirsch.
Als wären Saul und Hank Williams schokobraune Brüder, als würden Chuck und Bob D. gemeinsam den Highway 61 unsicher machen, als würde Louis Farrakhan im „White Trash“-Trailerpark predigen: Erik Schrody alias Everlast alias Whitey Ford rappt immer noch den Blues. Im Nürnberger Hirsch präsentierte der Architekt des „House Of Pain“ sein sechstes Album „Love, War and the Ghost of Whitey Ford“. Einmal mehr wächst zusammen, was nicht zusammengehört und dabei klingt wie aus einem Guss.
Böse Zungen mögen es HillbillyHop nennen, wenn der kalifornische Ire Album für Album Americana-Essenzen schmelztiegelt – Scheuklappen-Freien wird’s warm ums Herz, wenn sich „House Of Pain“-typische Tröten durch Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“ quäken. Dennoch: „Jump Around“ ist der Verbeugung gen Mekka gewichen, der niemals enden wollende St. Patrick’s Day der frühen 90er dem Ramadan. Zweifelhafte spirituelle Erleuchtungen und ein Herzinfarkt bedeuten aber nicht das Kreativ-Aus: Während viele Songs als Konserve dank programmierten Drucks und rotierender Akustik-Loops nach wie vor als Club-tauglich durchgehen, entfacht Everlast auf der Bühne (mit dreiköpfiger Band, ohne DJ) das virtuelle Lagerfeuer. Spätestens wenn sich die seelenschwere Reed-Orgel durch „What it’s like“ jammt, nicken Cowboy-Hut und New Era-Kappe einträchtig im Vierviertel. Steffen Windschall