"Es wird kein zweites Nürnberg mehr geben"

DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke über die Maßnahmen zur finanziellen Konsolidierung der DEL, die neuen Doping-Kontrollen und den Zoff mit dem DEB.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).
dpa Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke über die Maßnahmen zur finanziellen Konsolidierung der DEL, die neuen Doping-Kontrollen und den Zoff mit dem DEB.

NÜRNBERG Neustart nach der Fast-Pleite: Heute, 19.30 Uhr, starten die Nürnberger Eistiger in eine für sie schwierige Saison. Los geht’s in Mannheim, ein schwerer Brocken für die jungen Eismänner von Trainer Andreas Brockmann. Aber auch andere haben so ihre Sorgen. Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga, zur Lage.

AZ: Herr Tripcke, alle stöhnen über die Wirtschaftskrise. Wie stark ist die DEL betroffen?

GERNOT TRIPCKE: Die Krise schlägt natürlich durch. Wir müssen kleinere Brötchen backen. Auslaufende Sponsorenverträge zu ersetzen, war sehr schwer. Aber die Klubs haben reagiert. Das Gehaltsniveau der Spieler ist deutlich gesunken. Neuverpflichtungen verdienen zehn bis 20 Prozent weniger als früher.

Schon letzte Saison gab es in Nürnberg und Köln große wirtschaftliche Probleme.

Es war unschön, wie lange es in Nürnberg nach dem Insolvenzantrag gedauert hat. Aber der Klub ist uns nicht verloren gegangen und geht gestärkt aus der Krise hervor. In Köln ist die Fixierung auf einen einzigen Geldgeber weg, es gibt jetzt eine Gruppe von zehn potenten Investoren. Aber diese lokalen Fälle hatten nichts mit der Wirtschaftskrise zu tun.

Können Sie für die neue Saison eine Hängepartie wie in Nürnberg ausschließen?

Wir haben darauf reagiert. Künftig kann kein Klub mehr an den Playoffs teilnehmen, wenn ein Insolvenzantrag läuft. Und nach drei Monaten kann der Klub ganz aus der Liga geworfen werden. Das ging bisher nur, wenn das Insolvenzverfahren auch tatsächlich eröffnet wurde.

Auch in der neuen Saison verfolgt Sie der Fall Florian Busch. Er ist vom Internationalen Sportgerichtshof mit einer Zweijahressperre belegt worden, spielt er dennoch in der DEL?

Das Urteil ist derzeit nicht vollstreckbar, deshalb wird er nicht gesperrt, sondern lizenziert. Das ist mit der NADA abgestimmt. Busch hat beim Schweizer Bundesgericht Rechtsbeschwerde eingelegt. Erst wenn in der Schweiz endgültig entschieden ist, will die WADA zum Kammergericht Berlin gehen, um die Sperre in Deutschland vollstrecken zu lassen. Das kann sich noch Monate hinziehen. So lange wird er spielen.

Die DEL lässt in der neuen Saison als erste Profiliga neben der Fußball-Bundesliga Trainingskontrollen durch die NADA durchführen. Eine Reaktion auf den Fall Busch?

Wir dokumentieren damit, dass wir nichts zu verbergen haben. Wir haben kein Dopingproblem im Eishockey. Den letzten Dopingfall gab es in der Saison 1999/2000.

Die neue Saison endet mit der Heim-WM in Köln, Mannheim und Gelsenkirchen. Gibt sie der Liga einen Schub?

Ob die WM über die Eishockey-Grenzen hinausstrahlt, hängt sehr vom sportlichen Erfolg ab. Die Nationalmannschaft muss ums Viertelfinale mitspielen. Aber ob das reicht, um eine Euphorie auszulösen, weiß ich nicht.

Davon war die DEB-Auswahl als Vorletzter bei der WM in der Schweiz weit entfernt.

Das Abschneiden in Bern hat sicherlich nicht geholfen. Deshalb haben wir dem DEB ja auch unsere Hilfe angeboten.

Wie hat der DEB reagiert? Gar nicht. Er glaubt, es aussitzen zu können, und sieht offensichtlich überhaupt keinen Handlungsbedarf. Es war ja nur Schusspech in Bern. Zu unserem Konzept gibt es eine kategorische Ablehnung, ohne jegliche Begründung.

Weil Sie die Nationalmannschaft übernehmen wollen? Nein, wir möchten nur, dass der DEB sich mit unserer Hilfe neu aufstellt. Unser Vorschlag orientiert sich an der Fußball-Nationalmannschaft und an anderen Ländern.

Was würden Sie vor der Heim-WM anders machen?

Eine Image-Kampagne wäre nötig. Es reicht nicht, nur Karten verkaufen zu wollen und die Hardcore-Eishockey-Fans anzusprechen. Das Eröffnungsspiel auf Schalke ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber da müsste mehr kommen. Ich sehe keine Strategie.

Kommt der Nationalmannschaft zugute, dass der Anteil der deutschen Spieler in der DEL gestiegen ist?

Die Zahl der Deutschen war schon vorher gut. Aber jetzt dreht sich auch bei den Torhütern das Verhältnis. Immer mehr Klubs setzen auf eine deutsche Nummer eins.

Was auch für die Trainer gilt.

Es ist gut, dass jüngere deutsche Trainer wie Jürgen Rumrich oder Ulrich Liebsch in die Liga kommen. Eigentlich hat uns nach Hans Zach eine ganze Generation gefehlt. 15 bis 20 Jahre lang hat das Eishockey seine größten Namen verloren, sie sind nicht Trainer geworden, weil es sich im Eishockey nicht lohnte. Jetzt denken die Klubs um.

Gestiegen ist auch die Zahl der Deutsch-Kanadier.

Darin sehe ich kein Problem. Im Kunstturnen ist außer Fabian Hambüchen keiner in Deutschland geboren, in der Fußball-Nationalmannschaft von den Stürmern auch niemand. Es bekommen jetzt viele Kanadier einen deutschen Pass, die seit vielen Jahren in Deutschland sind. Aber das haben die Klubs vor 20 Jahren auch nicht anders gemacht. Das große Reservoir ist nun mal Nordamerika und Russland. Es gibt keine Deutschen zweiter Klasse, es gelten die Gesetze der Leistungsgesellschaft.

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.